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Abseits des Parlaments

In Österreich wurde die Rechte FPÖ bei den Europawahlen stärkste Kraft – Linke Parteien gingen hingegen leer aus

Von Anselm Schindler

Demobild mit einigen Teilnehmenden mit roten KPÖ Flaggen
Fürs Europaparlament hat es bei der KPÖ nicht gereicht. Besorgt ist man deshalb nicht. Faces Of The World / Flickr , CC BY 2.0

Die Stimmung ist locker, aber nicht ausgelassen. Viele im Cafe 7Stern in Wien hätten sich an diesem Wahlabend vier Prozent für die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) gewünscht, die Partei hätte damit die Hürde für das EU-Parlament geknackt. Aber es sind nur drei geworden. Warum die Stimmung trotzdem locker ist? Weil die KPÖ bei der letzten EU-Wahl noch unter einem Prozent lag. Das Ergebnis ist nicht bahnbrechend, aber der Beweis, dass die KPÖ auch jenseits von Kommunen und Landesparlamenten wieder mitmischen kann.

Ein Funken Hoffnung in Tagen, in denen vielen Menschen die Angst vor den Rechten im Nacken sitzt. Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) wurde mit 25 Prozent erstmals stärkste Kraft in Österreich, was allen Progressiven, aber auch Konservativen Sorgen bereitet, schließlich könnte die Partei auch bei der Nationalratswahl im Herbst das Rennen machen, die FPÖ will einen »Volkskanzler«, so nennen die Freiheitlichen ihren Nationalrats-Spitzenkandidaten Herbert Kickl. Und auch sonst gab der Ausgang der Wahl in Österreich wenig Anlass zur Freude: Die rechtskonservative Volkspartei ÖVP kam auf Platz zwei, knapp gefolgt von der Sozialdemokratie. Dahinter die Grünen und die marktradikalen Neos.

Was tun gegen den Rechtsruck? Die Antwort lautet KPÖ. Denn die Wahlergebnisse zeigen: An Orten, wo die KPÖ wächst, haben die Rechten weniger Zuwachs. Die Kommunist*innen erhalten Proteststimmen, die sonst zumindest teilweise bei der FPÖ landen würden, und schaffen es besonders gut, ehemalige Nichtwähler*innen zu mobilisieren. Außerdem punkten sie bei jungen Leuten. Die Salzburger Landtagsabgeordnete Sarah Pansy und der von den Grünen zur deutschen Linkspartei gewechselte Georg Kurz schrieben kürzlich in einem Online-Beitrag für die Rosa Luxemburg Stiftung, die KPÖ sei »das beste Mittel gegen Rechts«.

Seitdem die Junge Linke, die ehemalige Jugendorganisation der österreichischen Grünen, zur KPÖ übergelaufen ist und auch die Kommunistische Jugend Österreich sich wieder zur Partei bekennt, ist die KPÖ deutlich jünger und auch weiblicher geworden. Die Aufbruchstimmung, die die KPÖ ergriffen hat, ist auch ein Ergebnis dieser Verjüngung. Und die macht sich auch in Wahlergebnissen bemerkbar. Umfragen zeigen, dass die Partei bei Wähler*innen unter 29 bei zehn Prozent liegt. In Städten wie Salzburg, Graz und Wien sind es noch mehr. Stark war die Partei außerdem vor allem in ärmeren Stadtteilen, in den Bezirken, in denen man den Hausfassaden ansieht, dass die Leute, die in den Häusern wohnen, weniger verdienen als anderswo. So wie im Wiener Stadtteil Rudolfsheim-Fünfhaus, wo 7,4 Prozent der Stimmen an die KPÖ gingen.

Trotzdem tut sich die Partei schwer, wenn es um nationale und Europapolitik geht. Aber vielleicht ist das gerade auch gar nicht so wichtig. Denn es hat, was im ersten Moment kontraintuitiv wirken mag, auch Vorteile, dass die Partei nicht ins EU-Parlament einzieht. Bei einem Einzug hätte man sich damit herumschlagen müssen, was es heißt, in Brüssel im Parlament zu sitzen. In einem Parlament, in dem sich mehr Lobbyist*innen als gewählte Politiker*innen tummeln und das von vielen Linken dafür kritisiert wird, dass es den technokratischen EU-Institutionen eher einen demokratischen Anstrich gibt, als wirklich demokratisch zu sein. Vielleicht ist es besser, dass die KPÖ keine Energie an Brüssel verliert und sich stattdessen auf das Wesentliche konzentrieren kann: auf die Arbeit an der Basis, den weiteren Aufbau der Partei von unten und eine im Alltag der Menschen wahrnehmbare Solidarität.

Es ist deshalb auch gut, dass es bei den Parteikommunist*innen unmittelbar nach der Wahl mit der Tagesordnung weitergeht. Wie in der Steiermark, dem Land dessen Hauptstadt Graz von der kommunistischen Bürgermeisterin Elke Kahr regiert wird. Dort protestiert der Pflegearbeitskreis der KPÖ für bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege. Oder wie in Gröding (Land Salzburg), wo die KPÖ gegen drohende Immobilienspekulation wachrütteln will – ein Investor hat die dortige Schokoladenfabrik gekauft und will sie nun schließen, wobei im Raum steht, dass die Fabrik abgerissen und das Gelände der Spekulation zum Opfer fallen könnte. Im Herbst stehen dann sowieso schon wieder Wahlen an, dann könnte die KPÖ in den Nationalrat einziehen. Und muss dort beweisen, dass sie kein Wahlverein werden will, keine »normale« Partei.

Anselm Schindler

ist im Netzwerk Defend Kurdistan und bei der Kommunistischen Partei Österreich (KPÖ) aktiv und schreibt regelmäßig zu internationalen Konflikten.