Zwischen Davidstern und roter Fahne
Aufgeblättert: »Betty Rosenfeld« von Michael Uhl
Von Peter Nowak
Den Anfang machte ein vergilbtes Aktenbündel, das der junge linke Student Michael Uhl 1994 in einem spanischen Bürgerkriegsarchiv auf der Suche nach Dokumenten über die Internationalen Brigaden fand. Das Dokument mit der Bezeichnung »Betty Rosenfeld, 23-3-1907, Stuttgart« fand das Interesse des jungen Stuttgarters. 22 Jahre später – aus dem linken Studenten war inzwischen ein Historiker geworden – stieß Uhl in Stuttgart auf einen Stolperstein mit dem Namen von Betty Rosenfeld. »Ich erinnerte mich sofort an Bettys Namen und war schockiert. Am Ende hatte man sie also ermordet«, schreibt Uhl über die Gedanken, die ihm dabei durch den Kopf gingen. Er hatte die vergilbte Akte auch deshalb nicht vergessen, weil ihm das Passfoto der jungen, dunkelhaarigen Frau nicht aus dem Kopf gegangen war. Er recherchierte daraufhin über mehrere Jahre in verschiedenen Ländern über ihr Leben. Auf 670 Seiten breitet Uhl nun die Lebensgeschichte der Betty Rosenfeld aus. Ihm gelingt eine sehr subjektive Geschichte der Linken von der Endphase der Weimarer Republik bis in die frühen 1940er Jahre. Er beschreibt die Hoffnungen und Utopien, die die in einer gemäßigt liberalen jüdischen Familie aufgewachsene Frau in die kommunistische Bewegung trieb. Und er schildert die bitteren Niederlagen, die zu Betty Rosenfelds Inhaftierung in Drancy und schließlich zur Deportation nach Auschwitz führten. Uhl hat sie mit seinem Buch dem Vergessen entrissen.
Michael Uhl: Betty Rosenfeld. Zwischen Davidstern und roter Fahne – Biografie. Schmetterling-Verlag, Stuttgart. 672 Seiten, 39,80 EUR.