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You’ll never bomb alone

Mit Rheinmetall als neuem Sponsor des BVB erfasst die Kriegsnormalisierung auch den Fußball

Von Britta Borsig

Vor dem BVB-Fanshop in Dortmund stehen Mitglieder der Partei Die Linke. Sie haben einen großen roten, aufblasbaren Panzer dabei. Drei junge Männer halten ein Transparent auf dem steht: Kein Deal mit Rheinmetall. Im Hintergrund sind einige BVB-Fans zu sehen.
Borussia Dortmund schießt jetzt nicht nur Tore. Wie sehr es die Fans juckt, muss sich zeigen. Foto: Die Linke Dortmund

Wenn in den vergangenen Wochen schwarz-gelbe Tränen von BVB-Fans kullerten, dann vor allem wegen der schmerzhaften Niederlage im Champions-League-Finale gegen Real Madrid. Dabei gibt es noch mehr Grund zum Heulen: Champions League verloren, dafür »Champion Partner« gewonnen – der Rüstungskonzern Rheinmetall steigt ins Sponsoring von Borussia Dortmund ein. Der Deal beinhaltet unter anderem Bandenwerbung, Vermarktungsrechte sowie Event-Angebote im Stadion und auf dem Vereinsgelände.

Verein und Waffenschmiede schweigen über die Höhe des Deals, laut Handelsblatt soll es sich jedoch um rund sieben Millionen Euro handeln. Für Rheinmetall sind das Peanuts. Der Konzern steigerte seinen Umsatz im letzten Jahr um zwölf Prozent auf rund 7,2 Milliarden Euro und fuhr einen Gewinn von 918 Millionen vor Steuern und Zinsen ein. Mit Blick auf das Geschäftsjahr 2024 überschlagen sich die Superlative bei Rheinmetall in freudiger Erwartung weiterlaufender und kommender Kriege: Der Konzernumsatz soll auf zehn Milliarden Euro anwachsen. Dass Rheinmetall derart auftrumpfen kann, ist auch der Bundesregierung zu verdanken, die mit ihrem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr und Waffenlieferungen in die Ukraine nicht unwesentlich zum Konzernumsatz beigetragen hat.

Aber wer will schon über Geld reden, wenn man den BVB-Blut-Deal auch gleich zur »guten Sache« erklären kann. Dem Vorsitzenden der Geschäftsführung von Borussia Dortmund, Hans-Joachim Watzke, scheint der Gedanke, Teil von etwas Großem zu sein, zu gefallen: »Sicherheit und Verteidigung sind elementare Eckpfeiler unserer Demokratie. Deshalb halten wir es für die richtige Entscheidung, uns sehr intensiv damit zu beschäftigen, wie wir diese Eckpfeiler schützen. Gerade heute, da wir jeden Tag erleben, wie Freiheit in Europa verteidigt werden muss. Mit dieser neuen Normalität sollten wir uns auseinandersetzen. Wir freuen uns auf die Partnerschaft mit Rheinmetall und öffnen uns als Borussia Dortmund ganz bewusst für einen Diskurs.«

Kritische Feedback der Fans wurde offenbar nicht ausreichend berücksichtigt.

Doch dieser Diskurs stellt sich bislang recht einseitig dar. Anders als zunächst in der Presse behauptet, weist der Vorstand der BVB-Fanabteilung darauf hin, dass es keine demokratische Abstimmung unter den Fans zu diesem Sponsoring-Deal gegeben habe. Bei einer Gremiensitzung im Mai sei das Thema zwar angesprochen worden, doch das kritische Feedback der Fans wurde offenbar nicht ausreichend berücksichtigt. Eine weitgehendere Kritik war der Fanabteilung des Vereins auf Nachfrage von ak jedoch nicht zu entlocken. Zwar wandelte die Ultra-Gruppe The Unity beim Champions-League-Finale auf einer Tapete den Slogan von Rheinmetall »Force protection is our mission« in »Protecting BVB from sportwashing is our mission« ab und kritisierte damit den Versuch das Image des Rüstungskonzerns durch die Unterstützung des beliebten Fußballvereins zu verbessern, doch eine größere Empörungswelle der Fans lässt noch auf sich warten.

Diese anzustoßen versucht unter anderem Die Linke Dortmund. Vor dem Champions-League-Spiel hatte sie sich mit einem roten Aufblaspanzer vor dem Dortmunder Fußballmuseum und dem BVB-Shop platziert. »Dort wurde er von vielen gesehen, die unterwegs zum Public Viewing waren, und einige sind auch unterstützend dazugekommen. Viele Fans lehnen den Deal mit Rheinmetall ab. Für sie ist bei der Zusammenarbeit mit einem Rüstungskonzern eine Linie überschritten«, meint Kreissprecherin Sonja Lemke von Die Linke Dortmund.

Ob dem so ist, oder ob die Borussen schon der Zeitenwenden-Mär anheimgefallen sind, muss sich zeigen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck jedenfalls, hält das Rheinmetall-Sponsoring zwar für »erst einmal ungewöhnlich, aber es zeigt, wo wir stehen.« Die »eingeübte und auch so verständliche Zurückhaltung« gegenüber der Rüstungsbranche sei aber »nicht mehr haltbar«. »Insofern spiegelt dieses Sponsorship sicherlich auch ein Stück weit die Realität der Zeitenwende wider«, so Habeck.

Als Teil dieser »Zeitenwende« darf auch der neuerliche Vorstoß von Verteidigungsminister Pistorius verstanden werden: Er legte nun ein neues Wehrdienst-Konzept vor, das vorsieht, dass alle 18-jährigen Männer verpflichtet werden, einen Fragebogen zu ihrer Kriegsbereitschaft auszufüllen. Werden sie anschließend zu einem Musterungstermin vorgeladen, ist auch dieser verpflichtend. Und so können sich auch die Fußballfans schonmal warmlaufen, denn die Kriegsnormalisierung macht offenbar vor nichts und niemandem mehr Halt. Mit Blick auf die kommende Saison ist den BVB-Fans nur zu wünschen, dass es gelingt, stabile Linksverteidiger auf den Platz zu bringen und den Rüstungsdeal noch zu stoppen. Andernfalls dürfte eine Meisterfeier am Friedensplatz einem Hohn gleichkommen.

Britta Borsig

lebt von Kindesbeinen an mit Die-Hard-BVB-Fans zusammen, doch ihr Herz schlägt für Göttingen 05.

 

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