Wie wär’s mal mit Ökoleninismus?
Aufgeblättert: Andreas Malms »Klima|x«
Wenn das Coronavirus eine Patrone ist, dann ist der Klimawandel der Krieg. Der Humanökologe Andreas Malm legt eingehend nahe, wie kapitalistische Umweltzerstörung und Pandemien zusammenhängen. In der Covid-19-Krise zeigen sich westliche Staaten bereit, in bestimmten Wirtschaftsbereichen Profitinteressen dem allgemeinen Wohl zu opfern und sogar (Teil-)Verstaatlichungen durchzusetzen. Der Klimawandel indes – die ungleich größere Bedrohung – zeitigt bislang keine solche Folgen. Hier wie dort sind kapitalistische Staaten zu nicht mehr als Symptombekämpfung fähig.
Malm, selbst dem Anarchosyndikalismus entstammend, fordert in einer provokanten Volte einen Kriegskommunismus gegen den chronischen Krisenzustand. Sein »Ökoleninismus« beinhaltet zum einen die strategische Perspektive, die Krise der Symptome in eine Krise der Ursachen zu verwandeln, also planwirtschaftliche Maßnahmen nicht nur als Nothilfe einzusetzen, sondern wie die Bolschewiki gegen die kapitalistische Logik selbst zu wenden. Zum anderen geht es ihm um das Leninsche Gebot der Eile: Selbst in der Covid-Krise sinkt der globale jährliche CO2-Ausstoß nur um maximal fünf Prozent, während die Erreichung der Pariser Klimaziele sieben Prozent nötig machen würden. Seine nüchterne Auseinandersetzung mit der daher nötigen Rolle des Staates und möglichen Sofortmaßnahmen, die zwar demokratisch zu legitimieren seien, aber durchaus drakonisch ausfallen müssten, liefert wichtiges Material für die Strategiedebatte der Klimabewegung.
Andreas Malm: Klima|x. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2020. 263 Seiten, 15 EUR.