Thomas Fischer, geh bitte!
Von Bilke Schnibbe
Wisst ihr, was richtig belastend ist? Wenn Leute eigentlich schon in Rente sind, aber trotzdem nicht aufhören zu nerven. Man war sie schon los, aber nein, zu früh gefreut, hier noch ein Kolümnchen und da noch ein Kommentar, man nimmt sich gern wichtig. Thomas Fischer, Bundesrichter a.D., ist so ein Stehaufmännchen mit Redebedarf. Er ist seit 2017 als Richter pensioniert und wurde 2018 wegen Sexismus-Super-GAU bei der Zeit gegangen, für die er vorher gelegentlich eine Kolumne zu strafrechtlichen Fragen vom Stapel lassen durfte. Jetzt hackt er vermutlich aufgrund seiner polarisierenden (sprich Klicks generierenden) Art für Spiegel Online in die Tasten. Ich frage: Muss das wirklich sein?!
Mitte März war es wieder so weit: TF hatte Mitteilungsbedarf zu #metoo und Rechtsstaat, seinem Lieblingsthema. Das Vorgehen, Männer öffentlich Übergriffen zu bezichtigen, sei nicht ok, weil nicht rechtsstaatlich. Damit thematisiert er eine viel diskutierte Konfliktlinie zwischen Feministinnen und nunja, sagen wir mal, anderen: #metoo öffnet Falschbeschuldigungen Tür und Tor.
Das wurde und wird von Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen zurecht als Ablenkungsstrategie vom eigentlichen Problem kritisiert, denn nicht Falschbeschuldigungen, sondern die hohe Dunkelziffer bei gleichzeitig skandalös niedriger Verurteilungsrate sind das eigentliche Problem bei Sexualstraftaten. Gibt’s auch Statistiken zu, nur mal so. TF sieht das natürlich anders, und wenn man nicht seiner Meinung ist, so lässt TF durchblicken, ist man etwas dünn angerührt im Oberstübchen. Ich frage mich, warum Bill Cosby oder Harvey Weinstein oder Donald Trump oder David Bowie oder Roman Polanski oder oder oder eigentlich so lange im Sattel saßen und sitzen.
Die Masche hat er seit seiner Bauchlandung nicht geändert: TF verkauft sein Bauchgefühl über das Ausmaß sexueller Gewalt in Deutschland im Duktus der Vernunft, mit der »Kompetenz« des sich gerne reden hörenden Richters. Es ist die altbekannte Erzählung der objektiven Altherrenvernunftkompetenz und des hysterischen Fühlifühli-Feminismus: Fischer dreht fleißig am misogynen Leierkasten, während er staatsmännisch tut.
Den Beruf des Models Gina-Lisa Lohfink, Gegenstand einer seiner antifeministischen Kolumnen, nannte er beispielsweise »Vorzeigen-von-dicken-Silikonbrüsten«. Im gleichen Text fachsimpelte er darüber, dass die Sachverständigen, die zu einer Reform des Sexualstrafrechts raten, eigentlich »Lobbyarbeit« betreiben. Das grenze schon an Fanatismus. Auf die Idee, dass in fachlich informierten Kreisen relative Einigkeit darüber herrscht, dass es aus schon genannten Gründen eine Reform braucht, kommt er nicht. Nein, die Politik hat sich gegen die Männer verschworen. Er wäre ein guter Männerrechtler, der Tommy. Wenn es nicht so grausam wäre, dass derart frauenfeindliche Texte überhaupt gedruckt werden, könnte einer Fischers geifernd-bemühte Abwertung Lohfinks schon fast ein bisschen leidtun. Go home, alter Mann, möchte man ihm zurufen. Go home und fang an, Oldtimer zu sammeln, hier gibt es nichts mehr für dich.