Sozialdemokratie nach Corbyn und Sanders
Aufgeblättert: die erste deutsche Jacobin-Ausgabe
Von İnci Arslan
Man muss schon über eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein verfügen, um ein neues linkes Magazin im an linken (Nischen)Publikationen nicht gerade armen Deutschland zu starten – und dann auch noch mit einem Schwerpunkt zur Sozialdemokratie. Das aus den USA stammende Jacobin-Magazin hat es getan und am 1. Mai die erste deutsche Ausgabe gelauncht.
Das Selbstbewusstsein dürften die Beteiligten sich von jenen linken Bewegungen in Großbritannien und den USA abgeschaut haben, die um Jeremy Corbyn und Bernie Sanders herum entstanden sind. Nun sind mit Corbyn und Sanders die zwei wichtigsten Repräsentanten des politischen Projekts, mit dem Jacobin verbunden ist, schon wieder Geschichte. Das Versprechen lautet, dieses Projekt werde auch jenseits der beiden Anführer weiterleben. Davon, ob es eingelöst werden kann, wird wohl der Erfolg von Jacobin in Deutschland abhängen.
Eine lesenswerte erste Ausgabe haben die Kolleg*innen so oder so vorgelegt. Wer sich vor einer Rehabilitierung der SPD von links fürchtet, sei entwarnt. Auffallend ist allerdings, dass der Schwerpunkt sich weitgehend auf die SPD beschränkt – dabei ist die Sozialdemokratie als Strömung in Deutschland ja durchaus breiter als diese Partei. Entschädigt wird die Leserin für diese Leerstelle mit einem Geständnis des früheren ak-Redakteurs Sebastian Friedrich – und einer großartigen Reportage über die Kolleg*innen der im vergangenen Jahr verstorbenen Susanne Neumann, die dafür berühmt wurde, Sigmar Gabriel öffentlich die Leviten gelesen haben.
Jacobin Nr. 1/2020: Jenseits der Sozialdemokratie. Brumaire Verlag, Berlin 2020. 130 Seiten, 10 EUR.