Slavoj Žižek, geh bitte!
Von Bilke Schnibbe
Seite zwei der ak und schon die erste philosophische Frage: Wann ist es eigentlich an der Zeit, den Sack zuzumachen, abzutreten, in Rente zu gehen? Es scheint ja einen Haufen Menschen (seien wir ehrlich, es sind meistens Männer) zu geben, die den Absprung verpassen und einfach nicht aufhören können abzuliefern. Texte über Texte, Bücher über Bücher, Redebeitrag über Redebeitrag. Gerade die Corona-Pandemie lässt den einen oder anderen Kollegen sich zu ungeahnter Produktivität aufschwingen.
Da wären wir auch schon bei Kunde Numero Uno dieser Kolumne: Hey na, Slavoj Žižek, Rückzug ins Private, wie wär’s? Ich zähle nach lockerem Umhergegoogeln bereits ein Buch, einen Buchbeitrag, zwei Interviews und drei journalistische Meinungsbeiträge zum Thema Corona und frage mich: Meine Güte, wie schafft der Mann das? Corona ist doch erst ein paar Monate alt!
Apropos alt, spätestens als Žižek sich 2019 öffentlich darüber ereiferte, dass #metoo aber die ganze Sexyness aus dem Sex nehmen würde, hätte dem mal jemand einen Rentenbescheid ausstellen können. Aber nein, das enfant terrible und Liebling linksintellektueller Philosophiestudenten beißt sich weiter munter an dem seiner Meinung nach lustfeindlichen und hier Dings irgendwie hysterischen Feminismus fest, als wäre es seine Erfindung, Feministinnen als frigide zu bezeichnen.
Dass das dieselbe Punchline ist, mit der schon seit immer vermeintlich durchgeschossene Klemmi-Feministinnen diskreditiert werden sollen, scheint er noch nicht mitbekommen zu haben. Ein wenig ironisch ist es schon, dass der ideologiekritische Tunichtgut seine eigene antifeministische Ideologie nicht mitschneidet, aber das nur am Rande.
Ein besonderer Dorn im Auge waren dem »Superstar der Kapitalismuskritik« (Die Zeit) Gesetzentwürfe, nach denen potenzielle Sexualpartner*innen erstmal Zustimmung bekunden müssen, bevor sie miteinander schlafen. In einem Interview mit Russia Today Deutschland (richtig: der Verschwörungssender, für deren Mutterschiff, den russischen Staatssender Russia Today, Žižek übrigens regelmäßig Kolumnen schreibt) stellte er entsetzt fest, dass man jetzt zusätzlich zur schwierigen Aufgabe, jemanden zu verführen, auch noch darauf achten müsse, dabei niemandem zu verletzen. Das seien politische Regeln, da würde Stalin vor Freude auferstehen, so der »komplizierte Kommunist« (Žižek über Žižek). Ja, schon ganz schön stalinistisch zu verlangen, dass Menschen sich vorher die Info einholen, ob das, was sie da sexuell vorhaben, auch für das Gegenüber okay ist.
Slavoj, lass es gut sein, bevor du den full-on antifeministischen Absturz fährst.