Vegan und Anarchist*in
Aufgeblättert: »Veganarchismus« von Neo C.
Von Kim Wöller
Man muss weder Anarchist*in noch Veganer*in sein, um das Buch »Veganarchismus« mit Gewinn lesen zu können. Warum? Weil der einfache Gedanke des Autors, dass es im anarchistischen Sinne unzulässig ist, Lebewesen gegen ihren erkennbaren Willen auszubeuten und zu essen, auch auf andere linke Strömungen übertragbar ist – oder zumindest diskutiert werden sollte. C. führt auch neue Argumente für seine Kritik an speziesistischen und anthropozentrischen Weltbildern an. An solchen also, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen und ihn als den Tieren überlegen betrachten. So machten die in jüngster Zeit immer deutlicher werdenden, ökologisch verheerenden Folgen des Kapitalismus deutlich, dass »wir Menschen als Naturwesen in dieselbe eingebettet sind und vor allem in ihrer Abhängigkeit stehen.« Deshalb könne man die Natur nicht länger als lebloses Gegenüber betrachten, das man sich nach Belieben aneignen kann. Der Autor beschreibt die Ausbeutung von Tieren auch als Teilaspekt einer insgesamt herrschaftsförmigen Klassengesellschaft, und seinen Tieraktivismus verbindet er mit einer Kapitalismuskritik. Er wendet sich gegen vegane Lebensweisen, die allein auf individuellem Konsumverhalten beruhen. Positiv hervorzuheben ist seine differenzierte Argumentation. So geht er auf mögliche Einwände meist direkt ein, bleibt aber in der Sache entschieden. Ein lesenswerter knapper Text, der zur intensiveren Auseinandersetzung anregt.
Neo C.: Veganarchismus. Thesen zum Verhältnis zwischen Veganismus und Anarchismus. Verlag Graswurzelrevolution, Heidelberg 2023. 79 Seiten, 10 EUR.