Sollen sie doch Toastbrot essen
Reiche kämpfen seit Jahrzehnten gegen Hass und Hetze – auch Linke tragen zum Sozialneid bei
Von Bilke Schnibbe
Christian Lindner machte sich Anfang September Sorgen: Zu viele Leute in Deutschland, so der Finanzminister, könnten eigentlich arbeiten, tun es aber nicht. Es könne nicht sein, dass die Allgemeinheit das mitträgt. Die Leute sollen mal arbeiten gehen. Damit meint er allerdings nicht die Wahlklientel der FDP, in Bezug auf diese stellte er nämlich fest: Es kann nicht sein, dass der Staat bei steigenden Einkommen immer mehr zulangt. Zulangen, eigentlich keine schlechte Idee, aber mit der Faust. Und damit beginnt dieser edgy Artikel zum Thema »Reichenhass«.
Dr. Dr. Rainer Zitelmann, FDP-Mitglied und Autor von Büchern wie »Reich werden und bleiben«, »Die Kunst berühmt zu werden«, »Wohin treibt unsere Republik? Wie Deutschland links und grün wurde«, »Die Gesellschaft und ihre Reichen: Vorurteile über eine beneidete Minderheit« und abertausenden mehr, weist darauf hin, dass es kaum Forschung zu Vorurteilen gegenüber der gesellschaftlichen Minderheit reicher Menschen gibt. 🙁 Er hat auch den »Social Envy Coefficient«, den Sozialneidskoeffizienten, erfunden, mit dem man den Reichenhass in Gesellschaften abbilden kann. Sozialneid, das ist Diskriminierung, das ist grausam, das kann man sich kaum angucken. Wohlhabende Menschen sind vielleicht reich an Finanzen, aber arm an Verständnis.
Wobei das mit dem finanziellen Reichtum auch nicht vom Däumchendrehen kommt. Dr. Dr. Zitelmann bewirbt auf seiner Webseite zum Beispiel ein Seminar mit dem Titel »So schützen Sie Ihr Vermögen mit einer Familienstiftung in Liechtenstein«, die Teilnahme kostet 1.150 Euro. Sie müssen schon Stiftungen im Ausland gründen, um ihr Geld vor den gut 90 Prozent sozialneidischen Geiern zu schützen. Armes Deutschland.
Warum sind reiche Leute so unentspannt? Warum essen sie ekelhafte Sachen? Warum sind sie ständig auf Sylt? Witze über Reiche, wann werden sie verboten, weil die FDP-Moralpolizei einfach keinen Spaß versteht? Nichts darf man mehr sagen. Nicht mal, dass Reiche kein Kindergeld brauchen, weil sie reich sind, oder mehr Steuern zahlen sollen, weil sie reich sind – denn dann geht die humorlose, liberalgelbversiffte Empörungsmaschinerie in Springermanier los. Deutschlands frechste Wohlhabende haben zu viel Zeit sich aufzuregen, weil sie zu viel Geld haben. Das ist nur meine Meinung oder Satire, wir leben in einem freien Land.
Wenn Reiche nicht mehr ständig ausgelacht werden wollen, sollen sie sich halt anziehen wie alle anderen auch. Ich meine, alle sollen leben, wie sie wollen, aber müssen die ihren Kaviar und diese Muscheln wirklich in der Öffentlichkeit essen? Wer jemals gesehen hat, wie ein Reicher eine Auster schlürft, weiß, dass unsere Kinder vor dieser ästhetischen Verwahrlosung geschützt werden müssen.
Der Reiche an sich muss immer herausstechen. Mit seiner Yacht, seiner Privatjetfliegerei, seinem großen Anwesen und seinen Autos. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, was reiche Leute eigentlich den ganzen Tag machen, außer sehr viel leisten, wovon wir dann alle anscheinend profitieren, bzw. mit ihrem frechen Gejammer den Sozialneid auf Hartz 4-Empfänger*innen zu fördern.
Ich kenne keine Reichen, also was weiß ich schon von deren Gepflogenheiten. Dr. Dr. Zitelmann hat recherchiert, dass der Neid auf Reiche kleiner wird, wenn man Reiche kennt. Also, wenn ihr einen Reichen kennt, dann schickt mir doch bitte seine Kontaktdaten, damit wir eine Brieffreundschaft anfangen und ich meine Vorurteile abbauen kann. Hass und Hetze haben keinen Platz in einer Demokratie, wir sind eine bunte Gesellschaft, und ich will meine Privilegien als nicht-reiche Person reflektieren.