Neues über George Orwell
Aufgeblättert: »Die Wahrheit schreiben« von Dominic Angeloch
Von Sebastian Klauke
Dass George Orwell in den Kanon linker Literatur gehört, ist Konsens. Meist wird auf die Bücher »Farm der Tiere«, »1984« und »Mein Katalonien« verwiesen. Dass Orwells Werke allerdings von Beginn an »systematisch auf Erkenntnis ausgerichtet« sind und sie in Form und Inhalt »hochkomplex multiperspektivisch angelegt« sind, ist Gegenstand der vorliegenden äußerst erkenntnisbringenden Arbeit von Dominic Angeloch. Orwells vermeintlich einfache Sprache und sein Stil erweisen sich als Ergebnis langjähriger intensiver Auseinandersetzung und Entwicklung des Autors. Zugleich leistet der Band eine Auseinandersetzung mit der relevanten Sekundärliteratur zu Orwell und den maßgeblichen Biografien der letzten Jahrzehnte. Orwells Leben und Werk werden in ihrer Zusammengehörigkeit analysiert, der Autor verfährt in seiner Darstellung der literarischen Arbeit chronologisch. Die eingangs genannten Werke erweisen sich dann nicht als singuläre Meisterwerke, die am Ende eines Lebens entstanden sind, sondern sind das Resultat einer langjährigen Auseinandersetzung Orwells mit Fragen von Wahrnehmung, Erfahrung und Kritik sowie mit Wahrheit und Ideologiekritik. Es besteht eben gerade kein Bruch zwischen diesen und den früheren Werken, weshalb sie auch erst am Ende Gegenstand der Abhandlung werden. Das Buch ist Anlass, Orwell mit ganz neuen Einsichten zu lesen, am besten natürlich, wie der Autor anmerkt, in der Originalsprache.
Dominic Angeloch: Die Wahrheit schreiben. George Orwell: Entwicklung und Methode seines Erzählens. Edition Tiamat, Berlin 2022. 392 Seiten, 28 EUR.