Multiple Krise
Aufgeblättert: »Kapital & Krise« von Sebastian Klauke
Von Felix Syrovatka
Bei »Kapital & Krise« handelt es sich um eine umfassende und detaillierte ideengeschichtliche Darstellung der Entwicklung marxistischer Krisenanalyse. Der Autor nimmt uns mit auf eine spannende Entdeckungsreise, die einen enormen historischen Prozess der theoretischen Perspektivenerweiterung offenbart: von einer ökonomischen Krisentheorie zu einer Theorie gesellschaftlicher Vielfachkrisen.
Der wilde Ritt durch die marxistische Ideengeschichte beginnt relativ gemächlich mit einer begrifflichen Verortung sowie einer disziplinären und ideellen Abgrenzung, nimmt dann aber schnell Fahrt auf mit der Diskussion der Marx’schen Krisenanalyse, seiner verschiedenen Interpretationen und seiner Weiterentwicklung durch Gramsci und Poulantzas. Sie gipfelt schließlich in der Diskussion neuerer intersektionaler Analyseansätze, die unter dem Begriff der Multiplen Krise gefasst werden.
Hierbei leistet das Buch einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung dieser Ansätze, indem es die Krisenprozesse nicht nur – wie so oft – empirisch nebeneinanderstellt, sondern auf abstrakter Ebene theoretisch miteinander verbindet. Dazu destilliert der Autor, in starker Anlehnung an Althusser, jene Mechanismen und Ebenen, die einen Widerspruch gesellschaftlich dominant und damit in der wissenschaftlichen und öffentlichen Aufmerksamkeit erst zur Krise werden lassen. Und er zeigt auf, dass die multiplen Krisenprozesse zwar miteinander verbunden sind, allerdings keine festgelegte innere Einheit aufweisen.
Sebastian Klauke: Kapital & Krise. Zur Theorie der Multiplen Krise des Kapitalismus. Bertz + Fischer, Berlin 2022, 508 Seiten, 29 EUR.