Komm bitte, Kommunismus
Von Kuku Schrapnell
Vielleicht ist es albern in einer Zeitung wie der analyse & kritik zu schreiben, dass der Kommunismus eine gute Idee ist. Andererseits ist auch Andrea Ypsilanti ak-Abonenntin und damit von dieser Kolumne und schlussendlich also auch von mir: Eine Assoziationskette, die mich schon so manche Nacht wachgehalten hat.
Aber unabhängig davon, ob Linksliberale und Sozialdemokrat*innen hier mitlesen, ist es auch unter Genoss*innen gar nicht so verkehrt, immer mal wieder zu sagen, dass das mit einer besseren Welt, befreiten Gesellschaft, der freien Assoziation oder wie auch immer man es jetzt nennen will, wirklich eine gute Idee ist.
Denn machen wir uns nichts vor: Weit verbreitet ist diese Idee dieser Tage nicht. Zuletzt sorgte das kleine Wort mit K auf Twitter für große Aufregung. Der Deutschlandfunk Kultur zitierte die Lyrikerin Elisa Aseva mit dem schönen Satz »Ich glaube, dass wir den Kommunismus haben müssen, wenn wir eine Zukunft für alle wollen.«
Vielleicht ist es nicht überraschend, dass eine Kommunistin diesen Satz sagt oder dass andere kommunistische Leute diesen Satz gut finden. Vielleicht wäre es noch nicht mal überraschend, dass auch andere Linke dem zustimmen, wenn sie sich nicht zu sehr am Wort Kommunismus aufhängen, sondern es ganz grundsätzlich gut finden, wenn es eine Zukunft für alle gibt. Und vielleicht ist es auch nicht überraschend, wenn ein Großteil des deutschen Twitter-Universums das alles gar nicht gut findet.
Aber wenn für mich nichts mehr überraschend wär, dann könnte ich gleich einpacken. Ich will weder meinen Optimismus noch meine Hoffnung aufgeben oder in so einen orthodox-marxistischen Determinismus verfallen, was wirklich die nervigste Form der Rechthaberei ist. Nein, ich glaube an Überraschungen, ich liebe Überraschungen und ich wurde überrascht – so negativ wie schon lange nicht mehr. Denn, dass ein Rechter wie Julian Reichelt ein Antikommunist ist, das weiß ich. Und auch bei einem FDPler wie Marco Buschmann bin ich mir sicher. Ein Typ, der auf seinem Soundcloud-Profil fleißig den eigenen Parteichef samplet, ist zu sehr Arschkriecher, um Kommunist zu sein und das sage ich als ausgemachte Expertin für Ärsche und was so in sie hineinkriecht.
Was mich überrascht ist, wie viele Grüne und SPD-Fans es sich nicht nehmen ließen, einen rechten Shitstorm gegen eine einzelne Autorin zu nutzen, um sich auch nochmal an die Seite von Demokratie und die »Freiheit« des Kapitalismus zu stellen. Denn natürlich sind Grüne und SPD-Fans nicht kommunistisch, sonst wären sie ja nicht, was sie eben sind. Aber ich hätte sie doch für klüger gehalten.
Man muss die Leute ja für klug halten, um nicht verrückt zu werden. Wenn es mit der befreiten Gesellschaft nur deshalb nichts wird, weil die Leute zu dumm sind, dann wären wir ja geliefert. Also muss es daran liegen, dass sie sich absichtlich dumm machen und ich glaube, ich kann das sogar beweisen. Wenn einer, wie Volker Beck, schreibt »Und wir werden nie alle freiwillig Kommunist*innen sein. Deshalb braucht der Kommunismus die Gewalt«, dann muss er ganz, ganz doll die Augen zu machen und in die andere Richtung gucken, wenn um ihn herum die Gesellschaft passiert. Und wenn eine, wie Sibylle Berg, schreibt »Statt über Kommunismus oder Kapitalismus zu streiten, denkt über ein neues System nach, was die Erde nicht ruiniert, die Menschen nicht in Gewinner und Verlierer unterteilt oder ausbeutet«, dann muss sie sich ganz, ganz doll die Ohren zu halten, wenn jemand über den Kommunismus spricht.
Vielleicht machen wir Kommunist*innen also doch schon alles richtig, wenn wir immer wieder auf die Widersprüche dieser Gesellschaft zeigen und unsere Stimmen erheben, wenn da Gewalt passiert. Wenn wir versuchen, zu verstehen, was da passiert, damit wir wissen, wie es anders gehen kann. Dass der Kommunismus kommt, ist die Überraschung, von der ich fest ausgehe und wer weiß – vielleicht überrascht mich Andrea Ypsilanti ja auch.