J.K. Rowling ist transfeindlich – und du bist es auch
Von Elena Schmidt
Wer hat noch nie gehört, dass Männer für Führungspositionen einfach besser geeignet wären? Dass Männer nun einmal entscheidungsfreudiger seien? Oder rationaler? Solche Ansichten sind gesellschaftlich noch immer so verbreitet, dass sie kaum begründet werden müssen. Wird eine Begründung gefordert, kommen allerdings schnell drollige Klischees um die Ecke. Biologie dies, Mammut das. Man muss unfreiwillig lachen, obwohl der Kern alles andere als belächelnswert ist.
Denn: Der 36-jährige »Grillprofi«, der für sich ein drei Prozent stärkeres Bier als für seine Freundin gekauft hat, hat den Großteil der Gesellschaft auf seiner Seite. Vielleicht nicht mit seiner Mammutthese, aber mit allem, worauf sie aufbaut.
Es gibt zwei Geschlechter. Welches Geschlecht ein Mensch hat, kann man an seinem Körper eindeutig ablesen. Aufgrund ihrer Andersartigkeit sind Männer und Frauen für unterschiedliche Aufgaben geeignet. Das sind die Grundpfeiler der Geschlechterdefinition, die uns allen von klein auf beigebracht wird.
Wie die letzten Jahrzehnte und besonders die jüngsten Entwicklungen in Großbritannien und auch in Deutschland zeigen, haben auch die meisten Leute, die sich selbst als feministisch bezeichnen würden, diese Grundsätze verinnerlicht. Der feministische Mainstream hat es sich zur Aufgabe erkoren, die Benachteiligung der Frau zu beenden – und auf dem Weg dahin die Frage nach ihrem Fundament bequem beiseite geschoben.
Frauen können alles, was Männer können, und noch mehr! Sie sind nicht unfähiger als Männer, im Gegenteil ist es ihr Frausein, das sie sogar noch besser in ihrem Job macht, wenn man(n, Zwinker) sie nur lässt!
Viele – größtenteils weiße – Frauen haben auf diesem Spin lukrative Karrieren aufgebaut. Sie haben sich als Feministinnen feiern lassen, die endlich die staubige Bruchbude namens Patriarchat abreißen und an ihrer Stelle ein schönes, modernes Haus der Geschlechtergerechtigkeit errichten wollen.
Es gibt mehr als zwei Geschlechter. Selbst cis Menschen haben nicht nur zwei Körpertypen.
In Wahrheit haben sie das Patriarchat saniert. Machogehabe à la Steinzeit ist out, weibliche Girl Boss Power ist in! Im neuen, verbesserten Feminismus reden wir nicht mehr über biologische Tatsachen, sondern besinnen uns auf unsere essenziellen Qualitäten als Frauen, tragen Pussyhats, um für Frauenrechte zu protestieren, und denken uns den Rest. Das System der zwei Geschlechter wurde nicht wirklich angetastet, aber wir haben ihm ein paar Freiheiten abringen können, also warum daran rütteln?
Weil die Sache leider einen Haken hat: Keine der Geschlechterprämissen stimmt, trans Menschen widerlegen sie jeden Tag durch ihre bloße Existenz. Es gibt mehr als zwei Geschlechter. Selbst cis Menschen haben nicht nur zwei Körpertypen. »Geschlechtsmerkmale« sind mal veränderlich, mal nicht »eindeutig« ersichtlich und mal biologisch schlicht diverser verteilt als unterstellt. Die meisten Frauen werden mit Uterus geboren, das ist wahr. Aber einen Uterus zu haben, macht niemanden automatisch zur Frau – genauso wie keinen Uterus zu haben keine Frau vom Frausein abhält.
Man sollte meinen, dass der auf altbackenen Thesen aufgebaute biologistische Sexismus – der sogenannte Cissexismus – schon deshalb abgelehnt werden sollte, um feministische Errungenschaften abzusichern. Cissexismus ist der Nährboden, auf dem Transfeindlichkeit wächst. Und die transfeindlichen Argumentationen mancher pseudofeministischer Gruppen bringen deren unverdauten Biologismus ans Tageslicht.
Wie einflussreich transfeindliche Haltungen sind, zeigt sich auch daran, dass eine berühmte Autorin – die Rede ist von J.K. Rowling – einen Serienmörder in Frauenkleidern zur zentralen Figur ihres neuen Romans machen kann, ohne dass dies als transfeindliche Hetze erkannt wird. Er sei doch ein Mann und keine (trans) Frau, so what’s the big deal? Dass trans Frauen in den Augen von Transfeind*innen wie Rowling ebenfalls Männer in Frauenkleidern sind, wird lässig ignoriert. Ein sich auf vermeintliche biologische Tatsachen berufender Feminismus hat der sich neu formierenden Trans- und Frauenfeindlichkeit nichts entgegenzusetzen. Erst recht nicht, wenn diese aus den eigenen Reihen kommen.