Einführung in einen marxistischen Klassiker
Aufgeblättert: »Gramscis politisches Denken« von Johannes Bellermann
Von Sebastian Klauke
Der vorliegende Band ist die zweite deutschsprachige Einführung zum marxistischen Klassiker Antonio Gramsci. Was sie vor allem lesenswert macht, ist die Darstellung von Gramscis Leben und Wirken vor seiner Verhaftung 1926 durch die Faschisten und der nachfolgenden Entstehung seines Hauptwerkes, den Gefängnisheften. Gramsci wird im ersten Hauptteil eingehend als Journalist und Politiker porträtiert. Der Autor lässt ihn mehrfach selbst zu Wort kommen, indem er Gramscis Zeitungsartikel übersetzt. Die Darstellung der Gefängnishefte im zweiten Teil fokussiert auf Hegemonie und Kultur sowie Subalternität. Die in den Heften von Gramsci entwickelte berühmte »Philosophie der Praxis« möchte der Autor gerade nicht als Code für den Marxismus verstanden wissen, der vor dem Hintergrund der Gefängniszensur entstanden ist, sondern sie wird als ernst zu nehmende, eigenständige philosophische Leistung des Italieners interpretiert. Der im Vergleich kurze letzte Teil stellt – in der Summe dann doch zu knapp – die posthume Rezeption Gramscis dar und berücksichtigt dabei auch rechte Aneignungsversuche. Der Abschluss des Buches erfolgt etwas unvermittelt und überraschend. Dem eingangs an sich selbst gestellten Anspruch, »eine möglichst allgemein verständliche Darstellung« vorzulegen, ist der Autor gerecht geworen. Die Relevanz und Komplexität Gramscis werden deutlich. Von hier lässt sich alles weitere gut von selbst aneignen.
Johannes Bellermann: Gramscis politisches Denken. Eine Einführung. Schmetterling Verlag, Stuttgart 2021, 215 Seiten, 12 EUR.