Geh bitte, geh bitte!
Von Bilke Schnibbe
Endlich ist der Tag gekommen, an dem das Elend dieser Kolumne ein Ende findet! Wenn ich noch einen einzigen dieser beknackten, schlecht recherchierten Texte schreiben muss, raste ich aus! Das kann man der Menschheit nicht weiter antun – diese Belanglosigkeit, die aus meinem narzisstischen Geltungsbedürfnis bei gleichzeitiger Faulheit, »Theorie« zu lesen, entspringt. Oder mich mit »Bewegungsgeschichte« zu beschäftigten. Heiße ich Friedhelm Engels oder was? Nein, ich bin nicht anti-intellektuell, ich gebe mir nur einfach keine Mühe und bin trotzdem erfolgreich, ihr Neider. Niemand in der Redaktion traut sich mehr, mir die Tastatur wegzunehmen. Ich meine, hat irgendjemand noch was von Slavoj Žižek gehört, nachdem der hier gecancelt wurde? Also, abgesehen von den zehn Büchern, die er in der Zwischenzeit veröffentlicht hat? Eben! Wenn ihr eure Reputation, eure Jobs, euer Leben behalten wollt, dann kritisiert mich besser nicht.
Endlich wieder Zeit, andere Texte zu schreiben, die schlecht ankommen. Zum Beispiel über sexuelle Gewalt, queere Themen oder irgendwas mit Postkolonialismus (Grüße an dieser Stelle an meinen Kollegen Paul). Endlich muss ich nicht mehr jeden Monat gezwungen provokant auf irgendwem (= Männern) rumhacken. Immer auf der Jagd nach dem schnellen Lacher auf Kosten des tiefen, solidarischen Streits, der die deutsche Linke in letzter Zeit so erfolgreich gemacht hat. Liberale Lifestyle-Emanzen fluten die ak-Redaktion: 3.500 Zeichen »Geh bitte« schaden dem Feminismus mehr als Sahra Wagenknecht der Linken. »Geh bitte« muss sterben, damit wir leben können. Das einzige Wort, was ihr wirklich nicht mehr sagen dürft, ist übrigens »Nebenwiderspruch«. Ihr dürft es aber umschreiben. Nennt es einfach Satire, so mache ich das auch immer.
In nur 1,5 Jahren von renommierter linker Bewegungszeitung zum frühsexualisierten Gender-Gaga-Schmierblatt. 16 Ausgaben »Geh bitte« haben ak mehr geschadet, als der Täterschutz deiner Männer-Antifa-Gruppe. Sagt mal, wo soll ich eigentlich meine männerfeindliche Impulskontrollstörung lassen, wenn ich sie hier nicht mehr ausleben darf? Hat darüber schon mal jemand nachgedacht? Und was soll der gemeine Leserbriefschreiber mit seinen antifeministischen Projektionen machen, wenn er sie nicht monatlich an dieser Kolumne abreagieren darf? Bin ich zu queerfeministisch oder zu radikalfeministisch? Bin ich zu dreist, wohlstandsverwahrlost oder, mein Favorit, sexualneurotisch? Die Identitätspolitiker der Herzen waren sich nicht einig. Immerhin, ihr Mahnmal triumphierend-wütender Post (»Und das, liebe Bilke, ist eigentlich soundso …«) bleibt uns erhalten. Es soll uns ein Ort der Andacht und der Heilung sein nach dieser schlimmen Zeit.
An dieser Stelle auch nochmal ein fettes »Dankeschön« an die beste Redaktion der Welt für euer Vertrauen in meine Kunst. Es gibt ja auch gar nicht so viele »Frauen«, die witzig sind, da haben wir uns schon ganz schön aus dem Fenster gelehnt. Wenn ich daran denke: Gänsehaut-Feeling! Abschließende Grüße gehen an meinen größten Fan Janko und ich verbleibe mit einem freundlichen: Ciao, Geh bitte, es war meistens auch witzig.