Geh bitte! Männer-Feedback
Von Bilke Schnibbe
Irgendwer stellte neulich der ak-Redaktion die Frage, ob wir eigentlich mit Absicht fast nur Leser*innenbriefe von Männern abdrucken oder ob uns nur Männer auf unsere Artikel antworten. Da musste ich kurz lachen. Männer-E-Mails, Männer-Faxe, Männer-Briefe, Männer-Kommentare, ein tolles Genre. Zeit für eine Abmoderation.
Alle paar Wochen ist es wieder so weit: Du bekommst diese eine E-Mail, in der ER dir mitteilt, wie dumm er dich findet (sehr) und was du statt Journalismus machen solltest (alles Mögliche, aber bitte nicht schreiben, wegen besagter Inkompetenz und/ oder genereller Wertlosigkeit als Mensch). Mal »nett« (»na, da musst du wohl noch ein bisschen was lernen ;)«, »Jeder fängt mal klein an, hehe, Lust auf einen Kaffee?«) mal nicht so nett (»Schimpfwort, Schimpfwort, Schimpfwort, VG Thorsten«).
Neulich erzählte mir Harry, ein Professor im Ruhestand, per E-Mail, dass er ein Buchkapitel von mir gelesen habe und es außerordentlich zum Reihern fand. »Zum Reihern« hat er natürlich nicht geschrieben, sondern irgendwas fremdwortmäßiges, na klar. Ich sei »frivol«, so der altgediente Wissenschaftler. Muss man auch wollen: 35-Jahre jüngeren Autor*innen schreiben, dass man sie schamlos und anzüglich findet. Ich solle lieber Tagebücher schreiben, auch Frauen können scheiße sein, und so weiter. Dafür hat er extra meine Mailadresse gegoogelt. Ich sage: RUHE-Stand! Auch du hast einen besinnlichen Lebensabend verdient, auch für dich haben die Gewerkschaften gekämpft.
Timo, mutmaßlich mit Diplom in gewaltfreier Kommunikation, schrieb mir vor kurzem eine E-Mail mit vielen Ausrufezeichen darüber, dass ihn einer meiner Artikel an einigen Stellen »gestört« habe. Er sei verwundert, weil er eigentlich dachte, dass nur reflektierte Leute bei ak schrieben. Da würde der Artikel aber rausfallen. Komisch. Ich übersetze aus verkrampft-pseudofeministisch ins Hochdeutsche: Wer hat der Bitch eine Tastatur gegeben, hallo? Timo weiter: Nicht auszudenken, wenn junge beeinflussbare FLINT-Personen von solchen Artikeln ideologisiert würden. Willst du das, Schnibbe? (Antwort: ja). Zum Beispiel hat eine FLINT-Person ohne die geistigen Kapazitäten selbst nachzudenken und ferngesteuert von meiner feministischen Propaganda neulich in Bremen »Männer töten« an eine Wand gesprüht. Findet er schlimm. Er würde sich freuen, wenn ich antworte und liebe Grüße. Ok, hier meine Antwort: Schreib keine E-Mails mehr an feministische Autor*innen, Timo.
Typische Blutgrätsche zwischen »Komma hier, ich erklärt dir das mal, du kleines Dummerchen« und »du lächerliches Stück Quotenfeminismus-Dreck, halt’s Maul«. Timo entschuldigt sich am Anfang seiner Mail fast unterwürfig, falls es »blöd« für mich sei, wenn er mich duzt und mit Vornamen anspricht. Ein anderer Mann versicherte mir, er schreibe mir wegen meiner Kompetenz und nicht wegen meiner Betroffenheit (von was genau eigentlich?!), bevor er dann sehr ausführlich beschrieb, warum ich aus seiner Sicht absolut inkompetent sei. Wie viel Strom diese ganzen E-Mails und Social-Media-Kommentare voll schlecht unterdrückter Aggression wohl verbrauchen? Zwei Grad Erderwärmung mindestens wegen des endlosen Flusses an passiv-aggressiven Versatzstücken verklemmter Akademikersöhne: da hat sich ein Fehler eingeschlichen, mir wäre politisch/ persönlich wichtig…, findest du nicht auch…, reflektiert, Privilegien, Debatte, Diskurs, Diskussion, Bourdieu, sprachliche Gewalt, Spaltung, polemisch, solidarische Grüße. Und im Hintergrund singt der Herbert-Grönemeyer-Gedächtnischor anklagend: »Wann ist der Mann ein Mann? Wann ist der Mann ein Mööönn?!?!«