Ursprung männlicher Herrschaft
Aufgeblättert: »Die Patriarchen« von Angela Saini
Von Nane Pleger
Die Wissenschaftsjournalistin Saini reist mit »Die Patriarchen« bis zum Ursprung der männlichen Herrschaft, um die Gründe für die weltweit dominante patriarchale Ordnung auszumachen. Besonders interessant sind ihre Ausflüge in die jüngste Zeit. Zum einen zeigt sie, welche Formen das Patriarchat im 21. Jahrhundert angenommen hat und stützt damit ihre These, dass es eigentlich die Patriarchen – also im Plural – heißen müsste, da es verschiedene Ausprägungen des Patriarchats gibt. Zum anderen wird deutlich, wie männliche Vorherrschaft mit den europäischen Gedanken der Aufklärung verwoben ist und im Zuge der Kolonialisierung weltweit verbreitet wurde. Es wird klar, dass es global immer auch alternative gesellschaftliche Organisationsformen gab, die nicht auf der Ausbeutung und Unterdrückung aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit fußten. Ihre zentrale Aussage lautet: Die Einteilung der Menschheit nach zwei Geschlechtskategorien ist keine natürliche Entwicklung, die mit der Biologie des Menschen zu erklären ist, sondern mit sozialen Machtverhältnissen. Doch dass Geschlecht sozial konstruiert ist, ist keine neue Erkenntnis – und hier treten die Schwächen des Buchs zutage. Saini versucht vehement, Neues zu formulieren und zieht vorschnelle, vereinfachte Schlüsse. Zum Einstieg in feministische Geschichtsschreibung ist das Buch gut geeignet, weil spannend und leicht zugänglich. Zur Vertiefung ist es zuweilen sogar ärgerlich, wenn sie etwa die Pionierin der Frauengeschichtsforschung Gerda Lerner falsch interpretiert.
Angela Saini: Die Patriarchen. Auf der Suche nach dem Ursprung männlicher Herrschaft. Hanserblau, München 2023. 432 Seiten, 25 EUR.