Türkische Judenfeindschaft
Aufgeblättert: »Antisemitismus in und aus der Türkei« herausgegeben von Corry Guttstadt
Von Jens Renner
Der von Corry Guttstadt herausgegebene Sammelband »Antisemitismus in und aus der Türkei« enthält 29 Beiträge, in denen das Thema historisch und theoretisch behandelt wird. Schon in der Einleitung stellen vier Autor*innen klar, dass es den einen modernen Antisemitismus nicht gibt. Vielmehr habe er »zahlreiche historische und nationale Ausprägungen« und wirkmächtige »Motive, wie etwa verschwörungsmythische Dämonisierungen von Jüdinnen und Juden oder Körperbilder und Sexualitätsfantasien«. Einflussreiche antisemitische Akteurin in der Türkei ist die Regierungspartei AKP. Unter ihr habe der Antisemitismus mit Bezug zu Israel stark zugenommen, schreibt Nuray Mert. Zugleich aber habe die AKP-Politik »über ihre Gegnerschaft zu Israel hinaus antisemitische Einstellungen befördert«. Corry Guttstadt untersucht in ihrem Beitrag das Judenbild in Zeitschriften des Diyanet, der höchsten religiösen Behörde der Türkei. Negative Äußerungen über Juden basierten »zu etwa gleichen Teilen auf islamisch-religiösem Antijudaismus und israel-bezogenem Antisemitismus«. Damit beeinflusst Diyanet auch Koranschulen und Moscheen im Ausland, in Deutschland die Türkisch-Islamische Union DITIB. Jan Rübel, der deren Aktivitäten untersucht, kommt allerdings zu dem Schluss, dass »Einzelfälle von Antisemitismus« für ein abschließendes Urteil nicht ausreichten. Im letzten Kapitel geht es um Aktivitäten gegen Antisemitismus. Es endet mit dem Appell, »die Hoffnung am Leben zu halten« – und den Kampf fortzusetzen. Die fundierten Beiträge des Buches können dabei helfen.
Corry Guttstadt (Hg): Antisemitismus in und aus der Türkei. Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg 2023. 547 Seiten, 5 EUR.