Antonio Gramsci (1891-1937)
Aufgeblättert: »Das Leben des Antonio Gramsci« von Giuseppe Fiori
Von Jens Renner
Das italienische Original erschien schon 1966, die erste deutsche Übersetzung 1979. Nun hat der Hamburger VSA-Verlag den »Klassiker« neu herausgegeben: Giuseppe Fioris Biografie »Das Leben des Antonio Gramsci«. In einer Vorbemerkung schreibt Fiori, er wolle mit seinem Buch »das Bild Gramscis vollständig machen, also den ›Kopf‹ – Gramsci als der große Intellektuelle und politische Führer – durch ›Körper und Beine‹ ergänzen.« Das ist ihm überzeugend gelungen. Fiori schildert Gramscis Kindheit und Jugend in der sardischen Provinz, lässt Schulfreunde und Verwandte zu Wort kommen und thematisiert auch die schwierige Beziehung zu seiner Ehefrau Giulia Schucht und deren Schwester Tanja. Im Mittelpunkt allerdings stehen Gramscis politische Aktivitäten: der revolutionäre Kampf der Turiner Kommunist*innen um die Zeitung Ordine Nuovo, dann seine theoretische Arbeit während der langen Leidenszeit, die er chronisch krank in faschistischen Gefängnissen zubrachte. Zehn Seiten sind den Gefängnisheften gewidmet, vor allem Gramscis Gedanken zu Konsens und Hegemonie, dem Problem der Klassenbündnisse, der Rolle der Intellektuellen. Das ist wenig, aber ein erster Zugang zu seinem politischen Erbe – »ein glänzender Anfang«, wie Wolfgang Fritz Haug in einem aktuellen Epilog schreibt. Fioris Buch, schwärmt Haug nicht zu Unrecht, übe »über weite Strecken … noch immer eine Ausstrahlung aus, wie kein Gramsci-Roman es besser könnte«.
Giuseppe Fiori: Das Leben des Antonio Gramsci. Aus dem Italienischen von Renate Heimbucher und Susanne Schoop. VSA-Verlag, Hamburg 2024. 301 Seiten, 19,80 EUR.