Analyse und Wandel einer Produktionsweise
Aufgeblättert: »Kapitalismus und Kapitalismuskritik« herausgegeben von Mirela Ivanova, Helene Thaa & Oliver Nachtwey
Von İnci Arslan
Der Sammelband »Kapitalismus und Kapitalismuskritik« basiert auf der gleichnamigen Ringvorlesung, die 2021 am Lehrstuhl Sozialstrukturanalyse der Universität Basel ausgerichtet wurde, dessen Inhaber der linke Soziologe Oliver Nachtwey – einer der drei Herausgeber*innen des Bandes – ist. Die 14 um eine Einführung ergänzten Beiträge vermitteln einen soliden Einblick in aktuelle, überwiegend sozialwissenschaftliche Debatten um Funktionsweise und Wandel des Kapitalismus, um Reproduktion oder racial capitalism. Ausgangspunkt sind die Mehrfachkrisen unserer Zeit, deren im Kapitalismus liegenden Ursachen genauer erforscht werden sollen, wobei die mit dem Ukraine-Krieg in Verbindung stehenden Krisen aufgrund davor entstandenen Beiträge noch keine größere Rolle spielen. Wer eine Einführung in (eher akademische, eher linke) Ansätze der Kapitalismusanalyse sucht, wird fündig – zumindest bezogen auf den deutschsprachigen Raum. Wer schon länger die Debatten verfolgt, könnte dagegen gelangweilt sein von den vielen hinlänglich bekannten Namen und Thesen, die aber nicht so richtig zu etwas führen – ein akademischer Sammelband eben. Für deutsche Leser*innen verspricht vielleicht am ehesten der Aufsatz von Jakob Tanner über den Schweizer Kapitalismus im 20. Jahrhundert einen Neuigkeitswert. Wer lieber hört als liest oder wem die 39 Euro zu viel Geld sind, kann sich die Vorlesungen, auf denen die Aufsätze im Wesentlichen beruhen, übrigens auch als Podcast anhören. Die 14 Folgen sind frei im Netz verfügbar.
Mirela Ivanova, Helene Thaa & Oliver Nachtwey (Hrsg.): Kapitalismus und Kapitalismuskritik. Campus, Frankfurt 2022. 416 Seiten, 39 EUR.