100 Jahre Antifa in Italien
Aufgeblättert: »Arditi del popolo« von Andrea Stad
Von Jens Renner
Schon in den Jahren 1921/22, vor Mussolinis Regierungsantritt, gab es in Italien bewaffneten Widerstand gegen den Faschismus. Wesentlich getragen wurde er von den Arditi del popolo (den »Kühnen des Volkes«), politisch heterogenen Kampfgruppen, die vor allem aus Weltkriegsveteranen bestanden. Sie stellten sich den Faschisten entgegen, die nach den zwei »roten Jahren« 1919/20 die Arbeiter*innenbewegung auf dem Land und in den Städten terrorisierten.
Mit seinem Buch über die Arditi erinnert der Historiker Andrea Staid an diesen frühen antifaschistischen Widerstand. Bis zu 20.000 Menschen gehörten den bewaffneten Formationen an. Die Zahl ihrer Unterstützerinnen war aber weitaus größer. Sichtbar wurde das bei dem siegreichen Kampf gegen eine faschistische Übermacht Anfang August 1922 in Parma. Die linken Gruppierungen – mit Ausnahme der Anarchist*innen – allerdings hielten Distanz zu den Arditi.
Im 1921 gegründeten Partito Comunista d‘Italia (PCdI) warb Antonio Gramsci für ihre Unterstützung, er unterwarf sich dann aber der Linie des Parteivorsitzenden Amadeo Bordiga, der jede antifaschistische Einheitsfront ablehnte. Auch darüber und über die kontroversen Urteile der Historikerinnen berichtet Andrea Staid. Erinnerungen von Zeitzeuginnen und Bilder vom Barrikadenkampf vervollständigen das Bild des ersten bewaffneten Widerstandes gegen den Faschismus. Mit der Übersetzung des 2015 erschienenen Originals können sich auch deutschsprachige Antifaschistinnen über viel zu wenig bekannte Vorläufer*innen informieren.
Andrea Stad: Arditi del popolo. Der erste bewaffnete Widerstand gegen den Faschismus in Italien 1921-1922. Verlag Edition AV, Bodenburg 2020. 129 Seiten, 16 EUR.