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Repsol, übernimm Verantwortung!

Nach der Ölkatastrophe in Peru protestieren Menschen in über 15 Ländern gemeinsam gegen die Zerstörung der Ozeane durch Offshore-Öl- und Gasförderung

Von Nico Graack

»Für ein Meer voller Leben, frei von Ölkonzernen«: Proteste gegen Repsol in Lima, Peru. Foto: privat

Es ist eine der größten Umweltkatastrophen in Peru: Mitte Januar verlor ein Tanker des spanischen Erdölkonzerns Repsol mindestens 1,2 Millionen Liter Öl beim Entladen an einer Raffinerie nördlich der Hauptstadt Lima und verseuchte eine Fläche von fast drei Millionen Quadratmetern. 21 Strände sind kontaminiert, Tausende Tiere gestorben, die Existenz von mindestens 1.500 Fischern zerstört. Anfangs sprachen Firmenvertreter*innen noch von 35 Litern, die ausgetreten seien. Innerhalb der kritischen ersten 48 Stunden tat Repsol – nichts. Die peruanische Regierung reagierte mit der Verhängung eines dreimonatigen Ausnahmezustandes und verbot Repsol in der Raffinerie weitere Be- und Entladetätigkeiten, bis das Unternehmen einen akzeptablen Managementplan für Ölunfälle auf See vorlegt. Freiwillige kämpfen mit den Ölmassen an der Küste, darunter viele Fischer. Repsol weigert sich weiter, Verantwortung zu übernehmen, bei den Aufräumarbeiten zu helfen oder gar Entschädigungen zu zahlen. 

Die Ölkatastrophe an Perus Küste war unter anderem Anlass für den globalen Aktionstag »Oceanazo« gegen die Öl- und Gasförderung auf See. Menschen in über 15 Ländern – unter anderem Peru, England, Norwegen, Südafrika, Nigeria, Uruguay, Deutschland, Spanien, den USA und Serbien – beteiligten sich an der Aktion am 4. Februar. 

Eine von ihnen war Juliana Orihuela aus der Stadt Necochea im Osten Argentiniens. Zum Hintergrund der Aktion weiß sie zu berichten: »Die Menschen in Chubut, einer der fünf argentinischen Provinzen Patagoniens, gehen seit 19 Jahren am vierten jeden Monats auf die Straße, um ihre Berge gegen giftige Silberminen zu verteidigen.« Zwischen Weihnachten und Silvester sei aber schnell ein Gesetz geändert worden, um Minen zu ermöglichen. Daraufhin legten die Menschen für sechs Tage die Provinz lahm und zwangen die Regierung zum Einlenken. »Sie nannten das ›Chubutazo‹. Nun schließen wir uns ihnen an in einem ›Oceanazo‹!«, so Orihuela im Gespräch mit ak. 

Der globale Aktionstag versuchte, den Druck auch in den Machtzentren zu erhöhen und das Leid der Menschen an der Frontlinie der Klima- und Umweltkatastrophe hörbar zu machen. Am Hauptsitz von Repsol in Madrid protestierten Menschen unter dem gleichen Motto wie in Peru: »Repsol hazte cargo!« (»Repsol, übernimm Verantwortung!«). Ebenso am Firmensitz in Lissabon. In Berlin überreichten Menschen der peruanischen Gemeinschaft einen offenen Brief an die spanische Botschaft. Ihre Forderung: Die spanische Regierung müsse Verantwortung übernehmen für die Verbrechen ihrer Unternehmen im Ausland. Danach zogen sie mit einem breiten Bündnis aus Gruppen wie Fridays for Future, Ende Gelände und Extinction Rebellion durch die Stadt. 

Die Ozeane müssen gegen die Öl- und Gaskonzerne verteidigt werden.

Ereignisse wie die in Peru reihen sich ein in die andauernde Katastrophe des sogenannten Normalbetriebs: Öl und giftige Chemikalien gelangen mit Bohrschlämmen und Produktionswasser täglich ins Meer. Allein in Peru gab es in den letzten 25 Jahren 1.002 Öl-Leckagen, die eine Hälfte im Dschungel, die andere auf See. Und nur einige Tage nach der Ölkatastrophe in Peru kam es in Ecuador zu schweren Leckagen, die Flüsse im Amazonasgebiet verseuchen. Auch dort nahmen Menschen am »Oceanazo« teil. 

Für Juliana aus Argentinien sind das weitere Beweise für das, was sie schon längst weiß: Die Ozeane müssen gegen die Öl- und Gaskonzerne verteidigt werden. Zum Beispiel auch gegen das norwegische Unternehmen Equinor, das angekündigt hat, im Laufe des Jahres mit seismischen Erkundungen vor der Küste Argentiniens zu beginnen. Dabei wird der Schall von über 200 Dezibel lauten Explosionen – abgefeuert alle fünf bis zehn Sekunden – genutzt, um durch die Reflexionen vom Meeresgrund Informationen über Öl- und Gasvorkommen zu gewinnen. Laut Umweltbundesamt betrifft der Schall noch Meeressäuger in bis zu 2.000 Kilometer Entfernung. Gegen diese Gefahr und die kommende Gefahr der Öl- und Gasförderung selbst kämpft Juliana am Aktionstag: »Wir stehen zusammen mit Peru, Ecuador und allen anderen Orten, die durch diese Verbrechen geschädigt werden. Und wir begrüßen das Bündnis mit den europäischen Ländern mit offenen Armen!« In Oslo, dem Hauptsitz von Equinor, protestierten Menschen ebenso wie an den norwegischen Botschaften in Berlin und Belgrad. 

Auch in Südafrika kämpfen Menschen seit Langem gegen die Zerstörung ihrer Ozeane durch seismische Erkundungen und Offshore-Bohrungen. Erst kürzlich konnte ein Teilerfolg gegen das niederländische Unternehmen Shell errungen werden: Ein Gericht untersagte den Einsatz von Airguns zur Erkundung bis zu einem endgültigen Urteil. Zum globalen Aktionstag protestierten Menschen in Südafrika, unter anderem unterstützt durch Menschen am neuen Hauptsitz Shells in London. 

Der Aktionstag »Oceanazo« könnte der Start zu einer neuen Art von Klimaaktivismus sein: Die Bewegungen im Globalen Norden stellen sich in den Dienst derer im Globalen Süden, die am unmittelbarsten von Klima- und Umweltzerstörung betroffen sind. Während sich im Globalen Süden teils tausende Menschen beteiligten, waren die Aktionen im Globalen Norden eher klein. Es bleibt zu hoffen, dass die Vernetzungen, die persönlichen Beziehungen sich zu größeren Aktionen in naher Zukunft ausweiten können.

Nico Graack

ist freier Autor und Philosoph. Er arbeitet am Institut für Philosophie, Psychoanalyse und Kulturwissenschaften in Berlin und engagiert sich in verschiedenen Klimakontexten.