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»Wir können den Strom der Repression nicht bewältigen«

Chobot und Korica von der russischen Gruppe Zone der Solidarität unterstützen ganz praktisch Menschen, die für ihre Gegnerschaft zum Krieg verfolgt werden

Interview: AltLeft und Christoph Wälz

Aufgehebelte Eisenbahnschiene mit Aufschrift
Nach wie vor gibt es in Russland Proteste gegen den Krieg, teilweise militant, etwa Anschläge auf Rekrutierungsbüros oder Sabotage an Bahngleisen. Diese Aufnahme ist von Juni 2022. Foto: Combat Organization of Anarcho-Communists, BOAK (Telegram)

Die Gruppe Zone der Solidarität ist ein Projekt zur Unterstützung von Menschen in Russland, die wegen ihres Widerstands gegen den Krieg Repressalien erlitten haben. Die ebenfalls in Russland aktive Alternative Linke (AltLeft) sprach Anfang März mit Chobot und Korica, zwei Aktivist*innen von Zone der Solidarität, über ihre Arbeit, über Solidarität in der russischen Gesellschaft, Protestformen und Perspektiven für ein Ende des Krieges. Der leicht gekürzte Text wurde aus dem Russischen übersetzt von Christoph Wälz.

Wie ist die Idee zu dem Projekt Zone der Solidarität entstanden? Habt ihr schon früher politischen Gefangenen geholfen, oder habt ihr ganz von vorne angefangen?

Chobot: Ein Genosse rief mich an und erzählte mir von der Idee des Projekts. Ich habe sofort zugestimmt. Es war zur Zeit des Höhepunktes der Antikriegs-Proteste, es gab viele Brandanschläge. Bereits davor hatte ich politischen Gefangenen geholfen, indem ich an Unterstützungskampagnen teilnahm und selbst Dinge organisierte. Aber ich war überhaupt nicht mit dem Format vertraut, eine verhaftete Person, die ich nicht kenne, zu finden und eine Infrastruktur zu ihrer Unterstützung aufzubauen. Man bekommt nur sehr wenige Informationen aus den Nachrichten, sucht nach einem Anwalt, oft in einer weit entfernten und unbekannten Stadt – das ist schwierig. Meine Genoss*innen halfen mir sehr, mich an diese komplexe, aber sehr wichtige Tätigkeit zu gewöhnen und sie zu erlernen.

Korica: Ich habe auch schon früher politischen Gefangenen geholfen. Ich wusste ein wenig darüber Bescheid, wie es von innen heraus abläuft, da ich selber bereits ein Opfer war, das war meine erste Erfahrung mit dem Thema. Ich habe auch von den Besten gelernt, wenn ich das so sagen darf: Ich habe Genoss*innen mit mehr Erfahrung beobachtet, wie sie handeln, ein Konzept zur Unterstützung erstellen und welche Maßnahmen sie in Notsituationen ergreifen, zum Beispiel wenn es Probleme im Umgang mit einem Anwalt, Verwandten oder »Finten« des Staates gibt. .

Wir helfen Menschen, die wegen Anti-Kriegs-Aktivitäten verhaftet wurden und von anderen Organisationen keine Hilfe erhalten, weil sie militante Kampfmethoden gewählt haben, wie Brandanschläge oder Sabotage.

Chobot

Wem helft ihr und wie?

Chobot: Wir helfen Menschen, die wegen ihrer Aktivitäten gegen den Krieg verhaftet wurden. Denjenigen, die oft von anderen Menschenrechtsorganisationen keine Hilfe erhalten, weil sie militante Kampfmethoden gewählt haben, wie Brandanschläge oder Sabotage. Im Moment kümmere ich mich um die Unterstützung von Oleg Vazhdayev – er hat ein militärisches Rekrutierungszentrum in Krasnodar in Brand gesteckt – und Ilya Baburin – er wurde in Novosibirsk unter dem Vorwurf verhaftet, einen Terrorakt, einen Brandanschlag auf ein militärisches Rekrutierungszentrum, verübt zu haben. Nach Informationen, die ihm die Geheimdienste zustecken, droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.

Korica: Wir verfolgen derzeit aktiv die Fälle von 14 Gefangenen. Jede*r von uns betreut seinen eigenen Fall. Unsere Unterstützung besteht hauptsächlich in der Bereitstellung eines Anwalts, der Herstellung von Kontakten zu den Angehörigen der Gefangenen, dem Verschicken von Paketen, der Korrespondenz mit den Gefangenen selbst und der Ermutigung, Briefe zu schreiben, sowie der Unterstützung über die Medien. Wir leisten natürlich je nach Wunsch des Gefangenen Unterstützung, aber wir stellen immer einen Anwalt für einen ersten Besuch zur Verfügung.

Titelseite des Sonderhefts. Titel: Ukraine-Krieg. Unterzeile: Russlands Invasion und die Debatte um Imperialismus und Internationalismus

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Wie verändert Russlands Angriff auf die Ukraine die internationale Politik und das linke Verständnis von Imperialismus und Internationalismus?

Erzählt bitte davon, was an den Aktivitäten am schwierigsten ist. Wie findet ihr die psychologischen und materiellen Ressourcen dafür?

Chobot: Am schwierigsten ist die Bewältigung der Hindernisse, die das Leben mit sich bringt. Der Geheimdienst FSB nimmt einem Anwalt zum Beispiel den Brief weg, Pflichtverteidiger*innen bedrohen uns und behindern unsere Arbeit, beschuldigen uns der »Verdunkelung« und der »Arbeit für einen anderen Staat«. Einmal hat uns ein Anwalt betrogen und ist gar nicht zum Angeklagten gegangen. Er hat Zeit geschunden und ist dann verschwunden. Manchmal verweigern eingeschüchterte Häftlinge selbst die Hilfe oder nehmen nur mühevoll Kontakt auf. Das ist alles sehr anstrengend. Es hilft, wenn man sich an die Genoss*innen im Projekt wenden kann und sie dabei helfen, einen Ausweg aus einer solchen Situation zu finden.

Korica: Ich kann noch hinzufügen, dass es schwierig sein kann, normalen Kontakt zu den Angehörigen eines Gefangenen herzustellen. Sie denken, dass niemand »einfach nur so« helfen wird, also vermuten sie eine Gefahr und haben Angst. Was die Ressourcen angeht, so helfen mir gute Nachrichten über Fortschritte bei den Fällen der Gefangenen. Ja, es sind nicht so viele, wie es unangenehme und frustrierende Fälle gibt, aber es gibt sie.

Was fehlt dem Projekt besonders?

Chobot: In erster Linie personelle Ressourcen. Wir sind nur wenige und wir können den Strom der Repression, den es gerade in Russland gibt, nicht bewältigen. Er ist einfach zu groß. Viele Menschen rebellieren und lehnen sich gegen den Krieg auf und einige von ihnen landen hinter Gittern. Im Moment können wir nicht alle Fälle übernehmen, die wir gerne übernehmen würden. Aber wir nehmen so viele, wie wir nur irgendwie schaffen. Außerdem arbeiten wir alle ehrenamtlich in dem Projekt und bekommen nichts dafür. Wir entscheiden uns dafür, Zeit und Mühe in unbezahlte Arbeit zu investieren und dabei fehlt es uns an grundlegenden und lebensnotwendigen Dingen.

Wie kann man euer Projekt unterstützen?

Chobot: Ihr könnt uns über die Website Patreon unterstützen. Die Gelder daraus werden gleichmäßig unter allen Teilnehmenden und Mitwirkenden verteilt. Leider könnt ihr Patreon nicht von Russland aus abonnieren, daher ist dies nur für Menschen außerhalb Russlands relevant. In unseren sozialen Netzwerken findet ihr Bankdaten für Überweisungen zur finanziellen Unterstützung von Gefangenen.

Korica: Menschen, die bereit sind zu helfen, können mitmachen, aber es ist wichtig und notwendig für uns zu wissen, dass wir einer Person vertrauen können, daher besprechen wir solche Dinge immer und können nicht jeden einladen, der mitarbeiten möchte. Ich denke, das ist auch richtig so, denn nicht alle Teilnehmenden befinden sich außerhalb Russlands. Es gibt Leute, die uns bei einigen Aufgaben helfen, zum Beispiel beim Schreiben oder Bearbeiten von Texten für Online-Beiträge. Das ist eine wichtige Unterstützung, denn manchmal hat man nicht die Kraft oder die Zeit, eine Nachricht zu schreiben, selbst wenn es dafür nur sieben bis zehn Minuten bräuchte.

Ich denke, dass Proteste innerhalb der russischen Armee bis zu einem gewissen Grad funktionieren können. Sabotage ist eine mögliche Form, wenn wir an die Geschichte des Vietnamkriegs denken.

Korica

Glaubt ihr, dass es heute Protestformen gibt, die einen echten Effekt haben können?

Chobot: Meiner Meinung nach kann der Krieg nur durch den Niedergang der russischen Armee gestoppt werden – in finanzieller und personeller Hinsicht. Aber worüber reden wir da eigentlich? Einige europäische Länder kaufen Putins Gas, ohne die Konten der russischen Oligarchen zu beschlagnahmen. Die Sanktionen treffen vor allem die normalen Bürger*innen. Ein Teil der Leute aus Russland gerät in die Fänge der Rekrutierungszentren und stirbt für die imperialen Ambitionen von Putin und seiner Bande. Leute tragen T-Shirts mit dem Buchstaben Z und denunzieren diejenigen, die gegen den Krieg sind. Leider haben wir keine Macht, viel davon zu verhindern. Aber wir müssen es versuchen. Ich denke, jede Aktion ist sinnvoll. Sowohl friedliche als auch militante. Und ein gemeinsamer Kampf an vielen verschiedenen Fronten wird einen Effekt haben. Es muss ein umfassender Ansatz verfolgt werden.

Korica: Ich denke, dass innere Proteste in der Armee bis zu einem gewissen Grad funktionieren können. Die Gesetzgebung ist in dieser Hinsicht sehr verschärft worden, und die Wagner-Gruppe arbeitet mit äußerster Brutalität. Alles zielt darauf ab, jeden Widerstand schon im Ansatz zu unterdrücken. Sabotage ist eine mögliche Form des Protests, zumindest wenn wir über die Geschichte des Vietnamkriegs sprechen. Und wir sollten nicht vergessen, was in der Gesellschaft vor sich geht. Ich denke da an die Proteste der ethnischen Minderheiten in den Gebieten, die Russland gewaltsam kolonisiert hat und die gar nicht zu Russland gehören.

Ist die russische Gesellschaft zur Solidarität fähig? Inwieweit seid ihr in der Lage, über den Rahmen des aktivistischen Milieus hinaus neue Menschen in eure Arbeit einzubeziehen? Beteiligen sich zum Beispiel Verwandte und Freund*innen von politischen Gefangenen nur daran, ihren eigenen Angehörigen zu helfen?

Chobot: Oft sind Angehörige und Freund*innen in einem extremen Schockzustand, sie sind durch die Repression traumatisiert und können sich gar nicht an irgendetwas beteiligen. Denn die Repression in Russland ist nicht nur Einschüchterung. Sie bedeutet schreckliche Folter, Entführung und Tod. Verwandte von mir wurden selber gefoltert. Als das passierte, konnte ich nichts anderes tun, als mit der Situation fertig zu werden. Und ich denke, das ist normal. Generell sind die Menschen in Russland, die sich zumindest ein wenig für Politik interessieren, in hohem Maße solidarisch. Bei einem Unterstützungsabend für politische Gefangene können 300 bis 400 Postkarten geschrieben und Tausende von Rubeln gesammelt werden, obwohl wir in Armut leben. Aber der Teil der Bevölkerung, der über 45 Jahre als ist und Fernsehen schaut, ist so sehr von der Propaganda betäubt, dass er Informationen aus anderen Quellen kaum glauben kann. Daher werden sie bei Unterstützungskampagnen praktisch nicht berücksichtigt.

Russischer Sozialistin droht hohe Haftstrafe

Die Aktivistin Maria Menshikova, Mitglied der Russländischen Sozialistischen Bewegung (RSD) und jetzt im deutschen Exil, wurde in Russland in ihrer Abwesenheit wegen »Rechtfertigung« und »Aufruf« zum Terrorismus angeklagt. Ihr droht eine mehrjährige Haftstrafe. Grund für die Verfolgung Menshikovas ist ein Artikel, der im Sommer 2022 in dem unabhängigen russischen Online-Magazin Doxa erschien. Dort wurde dazu aufgerufen, politischen Gefangenen in Russland, die ohne Urteil wegen des Vorwurfs, einen Brandanschlag auf ein Rekrutierungsbüro verübt zu haben, in Haft sitzen, Briefe zu schreiben. »Dies ist eine neue Stufe der Absurdität in der repressiven Politik des russischen Staates, der versucht, die Solidarität selbst zu kriminalisieren. Briefkampagnen zur Unterstützung von politischen Gefangenen sind fast die einzige legale Form kollektiven Handelns, die Regimegegner*innen in Russland noch zur Verfügung steht«, so Menshikova über die Anklage gegen sie. »Seit mehr als einem Jahr führt Putins Regime eine regelrechte Terrorkampagne gegen die die friedliche Bevölkerung der Ukraine, während es Gesten der Solidarität mit politischen Gefangenen als ›Terrorismus‹ bezeichnet.«

Wie lange wird es den Krieg und Putin noch geben? Glaubt ihr an ein Ende des Putinismus als Folge einer militärischen Niederlage?

Chobot: Angesichts der Faktoren, über die ich gesprochen habe, ist das eine langfristige Sache. Natürlich möchte ich daran glauben, dass eine revolutionäre Situation als Folge einer militärischen Niederlage möglich ist. Aber wenn man logisch denkt, würde es höchstwahrscheinlich einen Staatsstreich geben. Kadyrow oder Prigozhin oder jemand anderes würde an die Macht kommen. Und ich weiß nicht, was schlimmer ist.

Korica: Wenn man bedenkt, dass Russland trotz des Krieges, den Putin entfesselt hat, Unterstützung findet, sieht es düster aus. Und Geld ist die wichtigste Ressource für die Fortführung des Krieges. Es ist nicht abzusehen, wann genau dieses Geld zur Neige geht. Putin klammert sich an seinen Stuhl im Kreml, also wird er es bis zum Schluss hinauszögern.

Ist das Regime zur Massenunterdrückung bereit oder ist dies – aus eurer Erfahrung mit dem repressiven System – eine zu aufwändige Strategie?

Chobot: Massenrepressionen sind bereits im Gange. Ja, es sind nicht die gleichen wie in den Jahren 1937/38, aber der Organisationsgrad der Polizei ist auch nicht so hoch wie damals. Jetzt sind es »nur« 440 Personen, die in Antikriegsfälle verwickelt sind. Aber Einschüchterungskampagnen finden auf allen Ebenen statt – von kurzzeitigen Verhaftungen über hohe Geldstrafen bis hin zu Verfahren mit möglichen Strafen von bis zu zehn Jahren. Es gab eine positive Entwicklung: Einige der Personen, die an Brandanschlägen auf Rekrutierungsbüros beteiligt waren, wurden zu nicht so hohen Strafen verurteilt. Leider hat es den Anschein, dass dieser »Fehler« im System jetzt korrigiert wurde und nun liegt die Strafe für Brandanschläge bei zehn bis 20 Jahren. Wir werden sehen, wie es sich entwickelt, aber wir werden auf keinen Fall aufgeben. Wir bereiten uns auf das Schlimmste vor, glauben aber an das Beste!

Korica: Ich denke, dass das Regime nicht nur bereit ist für Massenrepressionen, sondern dass sie bereits eskalieren. Im Jahr 2012, als das Regime gewaltsam gegen hunderte Demonstrant*innen vorging, war ihm noch nicht ganz klar, wie es sich verhalten soll. Das war meiner Meinung nach eine Zäsur, sowohl für die Aktivist*innen als auch für die Vorbereitung des Regimes auf die sich anschließenden Repressionen. Wenn es eine Welle der Unzufriedenheit gibt, dann müssen sie wissen, wie sie diese bändigen können. Die Repression hat punktuell begonnen. 2017 kam es dann zu einem gewaltigen Einschnitt: grausame Folter, lange Haftstrafen und in der Folge zahlreiche Repressionen. Die Strafrechtsparagrafen für »Terrorismus« oder dessen »Rechtfertigung« wurden zu den wichtigsten politischen Paragrafen. Dabei macht es für den Staat keinen Unterschied, ob es sich um Erwachsene oder Jugendliche handelt. Repressionen wurden auch gegen Jugendliche verhängt.

Auch auf die Anti-Kriegs-Fälle werden jetzt die Terrorismus-Paragrafen angewandt. Während Brandanschläge zunächst unter »vorsätzliche Zerstörung oder Beschädigung von Eigentum« fielen, erfolgte die Anklage dann für einen »terroristischen Akt« oder für einen »versuchten terroristischen Akt«. Einige der von uns unterstützten Häftlinge sind wegen beider Paragrafen angeklagt. Der Druck ist sehr stark, aber dennoch sind der Wille, die innere Freiheit und die Ideen der Person stärker als die Repressionen.

Einige der Teilnehmer*innen eurer Initiative leben weiterhin in Russland. Könnt ihr uns über deren Erfahrungen berichten?

Korica: Arbeit »im Schatten« wird kaum offen gezeigt. In Russland ist es unmöglich, politisch offen zu arbeiten, sonst würden die Aktivist*innen selbst unterdrückt werden. Ich will ehrlich sagen, dass es manchmal beängstigend ist, aber das Wichtigste ist, der Angst nicht nachzugeben, nicht paranoid zu werden. Wenn man von Russland aus arbeitet, muss man mehr auf (Cyber-)Sicherheit und auf Vorsichtsmaßnahmen im Allgemeinen achtgeben. Man muss einen klaren Plan im Kopf haben, auf eine Evakuierung vorbereitet sein und mit Leuten in Kontakt stehen, die einem in einem solchen Fall helfen würden. Normalerweise hat man schon einen Plan, es ist wichtig, sich auch daran zu halten und nicht in Panik zu geraten. Ich möchte so lange wie möglich von Russland aus weiterarbeiten, ich habe jetzt die Wahl – und ich bleibe hier. Deshalb ist es für mich, und nicht nur für mich, wichtig, anonym zu bleiben. Solch ein psychologischer Druck bindet eine Menge Ressourcen, es kann sein, dass man die ganze Zeit wie auf Nadeln sitzt. Aber man muss durchatmen und sich daran erinnern, dass man nicht allein ist. Ich kann mir Hilfe und Unterstützung von meinen Freund*innen holen, das hilft mir sehr.

Chobot: Es herrscht eine gewisse Müdigkeit und Untergangsstimmung. Es scheint, dass man als Aktivistin in Russland immer Gefahr läuft, strafrechtlich verfolgt zu werden – und ich ziehe es vor, nicht für einen Kommentar oder Beitrag in den sozialen Medien inhaftiert zu werden, sondern für etwas, für das es nicht zu schade ist, dafür hinter Gitter zu kommen. Natürlich arbeiten wir anonym und halten uns an die Sicherheitsregeln des Aktivismus, aber moralisch versuche ich trotzdem, mich auf das Schlimmste vorzubereiten. Es ist gut zu sehen, dass sich Initiativen organisieren, um Menschen im Notfall aus Russland herauszubringen. Das gibt Hoffnung. Es gibt auch das Problem der Unsichtbarkeit der Arbeit – wenn man anonym arbeitet, erfährt man wenig Unterstützung, und man ist ständig mit ängstlichen Gedanken konfrontiert: Habe ich genug getan, kann ich mehr tun? Es ist sehr hilfreich, eine unterstützende Atmosphäre im Kollektiv zu haben, in der wir Sorgen und glückliche oder traurige Lebensereignisse miteinander teilen und uns gegenseitig unterstützen und miteinander mitfühlen können. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sehr effektiv ist, wenn man sich im Kollektiv umeinander kümmert.

AltLeft

ist eine oppositionelle sozialistische Gruppe in Russland: altleft.org, auf Telegram: t.me/altleft_org.

Christoph Wälz

ist gewerkschaftlich aktiv in der GEW Berlin. Er schreibt zu Organizing, Streikrecht und russischer Antikriegsbewegung.

Spenden an die Gruppe Zone der Solidarität sind über Patreon möglich: patreon.com/solidarity_zone

Weitere Infos unter: solidarityzone.taplink.ws/

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