Montagsmaler
Was für Leute tummeln sich in der »neuen Friedensbewegung«?
Von Maike Zimmermann
Wer wissen will, wer die Leute sind, die dort auf den Montagsmahnwachen sprechen, befolgt am besten deren Rat: »Glaubt nicht den gleichgeschalteten Medien! Informiert euch, nutzt das Internet.« Bei einem Blick in eben jenes öffnet sich zum einen ein Universum an Spinnern, Verschwörungstheorien und esoterischem Unsinn, zum anderen findet man nicht nur sich ähnelnde Parolen und Slogans, sondern trifft irgendwie immer wieder die selben Personen und Zusammenschlüsse.
Aber fangen wir am Anfang an. Da sind zunächst einmal Initiator Lars Mährholz und – wie es auf der Facebook-Seite der Mahnwachen heißt – Co-Gastgeber Ralf Schurig. Mährholz redet viel von Frieden und Liebe, das ist ihm wichtig. Aber er versteht so manches einfach nicht: was an Liebe esoterisch sein soll, wieso er in die rechte Ecke gestellt wird, warum Menschen so böse zu ihm sind. Noch vor Kurzem konnte man sich auf seiner Website über »Enthüllungen« zur Familie Rothschild informieren. Doch da er ja schließlich mit Antisemitismus nichts am Hut hat, wurden diese Hinweise inzwischen entfernt. Geblieben sind empfohlene Links, wie jener zum Blog Freiheit durch Wissen. Und dort taucht dann doch wieder in den ersten vier beliebtesten Posts »zufällig« der Name Rothschild auf. Aber wollen wir dem Herrn Mährholz mal nichts unterstellen, vielleicht ist er einfach ein friedensliebender Eso-Hippie, vielleicht auch nicht.
Sein Mitstreiter Ralf Schurig jedenfalls ist spiritueller Lebensberater, bietet im Internet Energie- und Kristallarbeit an und hat »seit jeher eine starke Verbindung zur Natur und den Naturgeistern«, von denen er einen großen Teil seines Handwerks gelernt habe. Auch Schurig ist traurig darüber, dass man böse Sachen über ihn behauptet, anstatt mit ihm zu reden. Er werde, so schreibt er auf seinem Blog Spiritualität des Alltags, sich »nicht gegen den Vorwurf wehren, dass einige der von mir getätigten Aussagen als antisemitisch aufgefasst werden können«, um dann festzustellen: »Nur hat mich bislang niemand gefragt, ob es auch antisemitisch gemeint war.« Ach so, war gar nicht so gemeint, sorry, stimmt, dann ist das natürlich was anderes.
Ken Jebsen und Lars Märholz kennen sich vom Fallschirmspringen, sagt der Moderator von KenFM. Jebsen ist einer der engagiertesten Redner der Montagsmahnwachen, er ist charismatisch und mediengewandt. Wie bei Mährholz steht für ihn an erster Stelle der Frieden. Dann kommt gleich die Presse. »Die Lügen-Mechanik«, lautete der Titel einer Veranstaltung im April, »Wie wir von den Medien manipuliert werden«. Weniger heulsusenhaft als Mährholz stellt auch Jebsen fest, dass es denen nur darum gehe, »Köpfe, die etwas anderes machen, kaputt zu machen«. Gerahmt war diese Veranstaltung von Plakaten mit der Aufschrift »Mut zur Wahrheit« des Magazins Compact, für das Jebsen hin und wieder schreibt.
Und da sind wir schon bei der nächsten Figur: Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer. Das letzte Mal in ak zu Wort kam das frühere Mitglied des Kommunistischen Bundes im Jahr 2003 in einem Interview über den Irakkrieg und Elsässers Kündigung bei der Zeitschrift konkret. Nachdem er einen Großteil an linken Zeitungen hinter sich gelassen hat (Bahamas, junge Welt, Jungle World, Neues Deutschland, der Freitag), organisiert er nun mit dem Compact Magazin unter anderem »Souveränitätskonferenzen«, zu denen beispielsweise Thilo Sarrazin, Eva Herman oder auch SprecherInnen der AfD eingeladen werden.
An der ersten dieser Konferenzen nahm auch Michael Vogt teil, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Wissensmanufaktur. Aber wenden wir uns zunächst zwei seiner Kollegen zu: Andreas Popp und Rico Albrecht. Gemeinsam verfassten sie den »Plan B. Revolution des Systems für eine tatsächliche Neuordnung«. Bezugspunkt darin: das »Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft« von Gottfried Feder aus dem Jahr 1919. Feder schrieb acht Jahre später »Das Programm der NSDAP und seine weltanschaulichen Grundlagen«. Aber, so Kopp und Albrecht, Feder wurde 1933 abgesetzt und durch Hjalmar Schacht ersetzt – kann also nichts Verwerfliches an seinen Thesen dran sein.
Andreas Popp und Rico Albrecht erklären den ZuhörerInnen auf den Montagsmahnwachen die Welt. »Wer hat die Macht über die Politiker, ihnen das Geld zu leihen und von denen zu verlangen, was sie dafür tun sollen, damit sie nächstes Jahr wieder neue Kredite kriegen?«, fragt Albrecht bei einer Mahnwache in Berlin. Die Antwort, wie sollte es auch anders sein, lautet: »Die FED«. Von ihrem »Plan B« ließ sich auch die Band die bandbreite für ein Lied inspirieren. Die Band hat nicht nur öfter bei verschiedenen linken Veranstaltungen gespielt und tritt nun bei den Mahnwachen auf. Sie wurde in der Vergangenheit wiederholt für »verschwörungstheoretische Positionen« kritisiert und zum Beispiel von Dieter Dehm, Abgeordneter der Linkspartei, verteidigt. Dieser wiederum sprach im Juni bei der Mahnwache in Berlin.
Aber zurück zu die bandbreite: Die lobten vor zwei Jahren einen gewissen Michael Vogt, nachdem dieser mit ihnen in seiner Sendung »Alpenparlament« ein Interview geführt hatte. Vogt ist aber nicht nur bei der bereits erwähnten Wissensmanufaktur, er hat auch das »Deutschland-Projekt Aufbruch Gold-Rot-Schwarz« ins Leben gerufen, zusammen mit Jo Conrad. Und nun wird’s endgültig schräg. Für das Aufbruch-Sommerfest 2014 werden Leute angekündigt wie die Bürgerinitiative Sauberer Himmel, die über sogenannte Chemtrails aufklären oder Reiner Elmar Feistle, der zum Thema »Deutsche Ufo’s und ihre Einflüsse im 21. Jahrhundert« referiert.
Damit nicht genug, auf Jo Conrads Internetseite erfährt man nicht nur, dass »unter strenger Geheimhaltung … seit etlichen Jahren von Flugzeugen chemische Substanzen wie Barium und Aluminiumstaub in die Atmosphäre gesprüht« werden, sondern findet auch Passagen wie diese: »Ich habe in meinem Buch Zusammenhänge schon über die Draco geschrieben, reptilienartige Wesen, die aus dem Sternbild des Drachen kommen. Die oft in Ufo-Entführungsberichten auftauchenden kleinen Grauen sind demnach nur Handlanger der Draco, die mit geheimen Kreisen der amerikanischen Regierung und anderen zusammenarbeiten.«
Das mit den Echsen und den Ufos ist nur ein kleiner Teil des Wahnsinns, der einem bei einer kurzen Recherche im Internet begegnet. Ein buntes Potpourri bietet beispielsweise das Video »Anonymous mit der Nachricht an die deutsche Bevölkerung«, in dem dann wirklich jeder Quatsch vorkommt, den man sich gar nicht vorstellen mag.
Das heißt natürlich keineswegs, dass alle auf den Montagsmahnwachen AnhängerInnen solcher oder ähnlicher Ideen sind. Aber offensichtlich bieten sie mit der Trias für Frieden, gegen Lügenpresse und gegen das Finanzsystem diverse Anknüpfungspunkte. Und nicht nur für (zum Teil rechte) EsoterikerInnen, sondern eben auch für sogenannte Reichsbürger, die die BRD nicht anerkennen und sich selber Fantasieausweise ausstellen. Oder aber für die Partei der III. Weg, deren Mitglieder nun wirklich astreine Neonazis sind, aus dem Umfeld des Freien Netz Süd.
»Frieden ist immer unpolitisch«, sagt Ken Jebsen. Nein, Herr Jebsen, wer die Welt verändern will, handelt politisch und muss sich auch gefallen lassen, politisch beurteilt zu werden.