Auf der anderen Seite des Atlantiks
Aufgeblättert: »Iowa« von Stefanie Sargnagel
Von Nane Pleger
Essayistisch berichtet Stefanie Sargnagels neues Buch von ihrem Aufenthalt in Iowa, USA. Als Gastdozentin für deutsche Sprache wurde sie vom Grinnell College eingeladen, einige Wochen dort zu unterrichten. Sie berichtet über ihre Erfahrungen in dieser Zeit, die immer wieder Ausgangspunkt dafür sind, ihre Gedanken abschweifen zu lassen. Es macht Spaß, den Wirrungen und Windungen ihres Denkens zu folgen, eine sarkastische und humorvolle Gegenwartsanalyse. Klar aktivistisch, aber nie dogmatisch.
Der Text bietet kritische Perspektiven auf die US-amerikanische aber auch auf die deutsche und österreichische Gesellschaft. So stecken zwischen belanglosen, banalen Observationen, schonungslosen, scharfen Kommentaren zur bürgerlichen Welt, aber auch zur feministischen, linken Bubble. Sie nimmt nicht nur die gesellschaftliche Ebene, sondern auch die individuelle in den Blick und konfrontiert sich und die Leser*innen mit eigenen Widersprüchen, Vorurteilen und Privilegien – hinsichtlich der USA, Kunst im Kapitalismus, dem eigenen politischen Kampf, Klassenunterschieden, dem weiblichen Körper und seinem Älterwerden.
Gerade dieser letzte Punkt macht das Buch sehr lesenswert. Nicht nur Sargnagels Altern ist Thema, sondern auch das ihrer Freundin, der Künstlerin Christiane Rösinger, die sie in der ersten Zeit in Iowa begleitet. Zwei Frauen, 38 und 63, berichten mal ehrlich, mal unehrlicher davon und bringen damit ein Sujet zur Sprache und in die Literatur, das gerne ignoriert wird. Ein Buch voller Ambivalenzen und Abrechnungen, das Freude macht.
Stefanie Sargnagel: Iowa. Ein Ausflug nach Amerika. Rowohlt Verlag, Hamburg 2023. 304 Seiten, 22 EUR.