Dialektischer Versuch
Aufgeblättert: »Kategoriale Kritik« von Franz Heilgendorff
Von Sebastian Klauke
Das vorliegende Buch ist überwältigend. Dem Autor gelingt es, der schon jahrzehntelang anhaltenden Diskussion um die Frage nach der Bedeutung und dem Sinn der Kategorien im Werk (insbesondere im Kapital) von Marx eine originelle Darstellung hinzuzufügen. Auch der Zusammenhang von Kategorie und Begriff bei Marx wird von ihm virtuos ausbuchstabiert. Zugleich bietet er einen eigenen Beitrag zur Frage, was denn eigentlich eine materialistische Dialektik ist. Bevor er seine Interpretation und Analyse in der intensiven Auseinandersetzung mit Marx entfaltet, stellt er je ein Kapitel zu Aristoteles und Hegel voran, denn allein mit deren Vorarbeiten lässt sich Marx‘ spezifischer Zugang verstehen. Es empfiehlt sich, von Hegels »Phänomenologie des Geistes« zumindest die grundlegenden Argumentationszüge im Kopf zu haben, um den Ausführungen in Ruhe folgen zu können. Der Anspruch ist nicht, eine bloße intellektuelle Fingerübung in den praxisfernen Niederungen der Philosophie zu sein, sondern zielt mit all den Überlegungen auf das richtige Verständnis der kapitalistischen Welt ab mit dem Ziel, diese Gegenwart auch zu verändern. Kein Furcht also vor philosophischen Abenteuern wie diesem – man staunt, lernt viel und ist auch als Kapital-Leser*in gehörig irritiert. Einige Sätze hätten deutlich weniger kompliziert formuliert sein können, um das Nachvollziehen des ohnehin herausfordernden Gedankenreichtums nicht unnötig zu verkomplizieren.
Franz Heilgendorff: Kategoriale Kritik. Zur Bedeutung von Kategorie und Begriff in der dialektischen Methode bei Marx. Dietz Verlag, Berlin 2023. 298 Seiten, 30,00 EUR.