Sanktionssystem gegen die PKK
Aufgeblättert: »Geflohen. Verboten. Ausgeschlossen« von Alexander Glasner-Hummel, Monika Morres, Kerem Schamberger
Von Elmar Millich
Das 1993 beschlossene Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans PKK betrifft nicht nur deren Kader bei ihrer Arbeit in Deutschland. Vielmehr schränken das Verbot und die Listung der PKK auf der EU-Terrorliste seit 2002 die demokratischen Rechte der gesamten in Deutschland lebenden, politisch aktiven Kurd*innen ein. Beginnend mit dem Düsseldorfer PKK-Prozess ab 1989 gegen 19 kurdische Aktivisten bis hin zu laufenden Strafverfahren wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung nach §129b zeigt das Buch »Geflohen. Verboten. Ausgeschlossen« unter anderem die strafrechtliche Dimension der Repression auf. Als paralleles Sanktionssystem, in seinen Auswirkungen oft aber nicht weniger gravierend als das Strafrecht, wirken für etwa die Hälfte der geschätzt ungefähr eine Million in Deutschland lebenden Kurd*innen ohne deutschen Pass die verschiedenen ausländerrechtlichen Bestimmungen. Dies zeigt, wie flächendeckend die Überwachung der kurdischen Community durch Geheimdienste und sonstige Sicherheitsbehörden erfolgt. Auch kurdische Zeitungen, TV-Sender und Buchverlage wurden seit dem PKK-Verbot immer wieder geschlossen und verboten. Das vorliegende Buch zeigt, wie vor allem in Deutschland Ministerien, Sicherheitsbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte über Jahrzehnte eine pseudojuristische Gegenwirklichkeit aufgebaut haben, die mit der politischen Realität der Kurd*innen wenig zu tun hat; weder in ihren Herkunftsländern noch in Deutschland.
Alexander Glasner-Hummel, Monika Morres, Kerem Schamberger: Geflohen. Verboten. Ausgeschlossen – Wie die kurdische Diaspora in Deutschland mundtot gemacht wird. Westend-Verlag, Neu-Isenburg 2023. 216 Seiten, 24 EUR.