Neugestaltung der Familie
Aufgeblättert: »Die Neuordnung der Küchen« von Kitchen Politics
Von Pajam Masoumi
Im fünften Band der Reihe »Kitchen Politics – Queerfeministische Interventionen« haben die Herausgeber*innen den Aufsatz »Familie und der kommunistische Staat« von Aleksandra Kollontai übersetzt und als Grundlage ihrer Überlegungen zur Neugestaltung der Familie genommen. Ausgangspunkt Kollontais ist die Veränderung der Familie zu Beginn der sowjetischen Gesellschaft.
Sie analysiert die Transformation der Kleinfamilie aus einer bäuerlichen Gesellschaft hin zur Kleinfamilie im Kapitalismus. Dabei stellt sie die dreifache Belastung der Frauen heraus: die Frau als Arbeiterin in den Betrieben, als Haushälterin und als Mutter. Kollontai wirft Fragen der Kollektivierung von Sorgearbeit auf und welche Rolle der Staat in der Entlastung von Arbeiterinnen einnehmen kann, indem beispielsweise Hausfrauen nicht selbst Gemüse einlegen müssen, sondern dies in großen Fabriken stattfinden kann.
An die Überlegungen Kollontais anschließend stellen weitere Beiträge im Sammelband Fragen nach sozialistischem Wohnkonzepten, nehmen kritisch die entstandene sowjetische Praxis in den Blick und hinterfragen Lebensformpolitik und natalistische Reproduktionspolitiken. Die Beiträge nehmen die realsozialistischen Errungenschaften in den Blick, ohne die Versuche zu verklären. Die Herausgeber*innen denken dabei auch das gewalttätige Erbe der Sowjetunion mit. Dies füllt eine Leerstelle im linken, deutschen Diskurs, der zwischen Verklärung und Ignoranz gegenüber den Opfern mäandert.
Kitchen Politics (Hg.): Die Neuordnung der Küchen – Materialistisch-feministische Entwürfe eines besseren Zusammenlebens. Edition Assemblage, Münster 2023. 192 Seiten, 9,80 EUR.