Ausbeutung von Arbeitsmigrant*innen
Aufgeblättert: »Akkumulation – Überausbeutung – Migration« von Janina Puder
Von Stephan Humbert
Janina Puder entwickelt einen erkenntnisreichen Zugang zu Fragen der Überausbeutung und wendet diesen auf ein für globale marxistische Perspektiven spannendes – und doch oft übersehenes – Feld an. Ausgehend von der These, dass die Arbeitsmigrant*innen in der malaysischen Palmölindustrie systematisch überausgebeutet werden, also für ihre Arbeit unter dem Niveau des zum Leben Notwendigen entlohnt werden, geht die Autorin der Frage nach, wie es ihnen dennoch gelingt, ihre Arbeitskraft zu reproduzieren. Für die analytische Perspektive werden die bewährten marxistischen Ausführungen innovativ mit weiteren Strängen (z.B. Weltsystemtheorie) verknüpft. Puder gelingt es aufzuzeigen, inwiefern transnationale Akkumulationsdynamiken mit einer (ebenso transnationalen) Klassenherrschaft verwoben sind, die durch die Staatsangehörigkeit der Arbeitsmigrant*innen mitstrukturiert wird und ihre Überausbeutung so erst durch außerökonomische Faktoren ermöglicht. Zwar wird die spezifische Verbindung zwischen der (Über-)Ausbeutung der Natur durch die Palmölindustrie und der Überausbeutung der Migrant*innen und den Möglichkeiten ihrer Reproduktion nicht immer eindeutig herausgearbeitet. Dennoch ist das Buch eine eindeutige Empfehlung für alle, die einen erweiterten marxistischen Blick auf die transnationale Ausbeutung der Natur werfen wollen, da diese in ihrem destruktiven Ausmaß erst durch die Überausbeutung einer transnationalen subalternen Klasse ermöglicht wird.
Janina Puder: Akkumulation – Überausbeutung – Migration. Arbeit im malaysischen Palmöl-Industriellen-Komplex. Campus-Verlag, Frankfurt/Main 2022. 347 Seiten, 44 EUR.