Kinder kriegen?
Aufgeblättert: »Eva« von Verena Kessler
Von Kim Wöller
Soll mensch Kinder in eine Welt setzen, die durch die Klimakrise immer dystopischer wird – diese Frage wird immer häufiger gestellt. Mit »Eva«, dem zweiten Roman von Verena Kessler, hat diese Frage auch in der deutschsprachigen Literatur einen prominenten Platz gefunden. Die Lehrerin Eva Lohaus – eine von vier Frauen, die in jeweils einem der vier Kapitel im Mittelpunkt des Romans stehen – hat sich entschieden: keine Kinder. Nur ein Geburtenstopp könne den Planeten Erde noch retten. Und sie hält mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg: In einem Interview sorgt sie mit ihren Aussagen für wütende Reaktionen in den sozialen Medien. Die Journalistin hingegen, die das Interview geführt und mit einem reißerischen Vorspann versehen hat, wünscht sich nichts sehnlicher als ein Kind. Doch vergebens, sie wird einfach nicht schwanger. Oder ist ihr Kinderwunsch nur der Wunsch ihres Partners, den sie sich zu eigen gemacht hat? Ihre Schwester wiederum hat drei Kinder – und damit ihr eigenes Leben aufgegeben. Im letzten Kapitel des Romans beschreibt Kessler eine namenlose Protagonistin, die ihr Kind durch eine tödliche Krankheit verloren hat. Es ist das literarisch am besten gelungene Kapitel. Aber auch die anderen Kapitel sind lesenswert, und vor allem überzeugt die Struktur des Romans, denn die Protagonistinnen sind auf raffinierte Weise miteinander verbunden und sehr facettenreich dargestellt. Mit ihrer nüchternen Sprache hat Kessler einen überzeugenden Roman vorgelegt, der ein wichtiges gesellschaftliches Thema aufgreift.
Verena Kessler: Eva. Roman. Hanser Berlin, München 2023. 200 Seiten, 24 EUR.