Utopie und Ökologie
Aufgeblättert: »Ökosozialismus« von Alexander Neupert-Doppler
Die Ideengeschichte des Ökosozialismus als Utopie geht auf eine jahrzehntelange Geschichte zurück – von den Neuen Sozialen Bewegungen über die Anfänge der Grünen, den Ökofeminismus und die defensiven Abwehrkämpfe der 1990er Jahre bis hin zu den aktuellen Debatten um die Klimakrise und Degrowth. Anhand von 50 Texten aus 50 Jahren ökosozialistischer Debatte zeichnet der Autor Alexander Neupert-Doppler diese spannende und widerspruchsvolle Geschichte nach. Die Bandbreite der Ideen dabei ist groß: Von Ökoanarchismus bis Ökodiktatur, von Reform und Transformation bis hin zu Bruch und Revolution. Auch die Frage einer ökosozialistischen Partei und der Kampf um die Parlamente wurden immer wieder kontrovers debattiert. Alle diese Auseinandersetzungen werden gut kontextualisiert und gerade die unrühmliche Geschichte der bundesdeutschen Grünen wird sehr überzeugend dargestellt. Das Buch arbeitet ausgiebig mit Zitaten aus Originaltexten, die kursiv gedruckt sind. Das mag beim Lesen stören, hat aber den Vorteil, einen recht authentischen Einblick in die Debatten zu geben. Die Beschäftigung mit den Auseinandersetzungen der letzten 50 Jahre sieht der Autor als Möglichkeit, den Blick für die bevorstehenden Aufgaben zu schärfen. Zunächst muss es darum gehen, sich aus der »Zange zwischen Rechten und Liberalen« zu befreien. Wie die dazu notwendige »Artikulation von Bedürfnissen« konkret aussehen könnte, erfahren wir im Buch nicht. Es bleibt die Aufforderung, die »ökosozialistische Utopie als Motivationsquelle« zu begreifen, um zu einer »wirklichen Bewegung« zu werden.
Alexander Neupert-Doppler: Ökosozialismus. Mandelbaum, Wien, Berlin 2022. 204 Seiten, 14 EUR.