Briefe schreiben in der Isohaft
Aufgeblättert: »Briefwechsel Christa Eckes und Hüseyin Çelebi, April 1988 – Dezember 1989«, herausgegeben von Gisela Dutzi
Von Peter Nowak
Christa Eckes gehörte zu den Gefangenen der RAF, für deren Freilassung ein Teil der außerparlamentarischen BRD-Linken in den 1980er Jahren kämpfte. Sie hat vom April 1988 bis Dezember 1989 einen Briefwechsel mit Hüseyin Çelebi geführt, der im Rahmen der Repression gegen kurdische Aktivist*innen verhaftet worden war. Die ehemaligen RAF-Gefangenen Gisela Dutzi, Sieglinde Hoffmann und Brigitte Mohnhaupt haben diesen Briefwechsel nun veröffentlicht. Warum man das nach über 30 Jahren noch lesen soll? Zunächst, weil man etwas über die Schwierigkeiten erfährt, unter Isolationshaftbedingungen eine Diskussion führen zu können. Immer wieder stockte die Kommunikation, weil Briefe von den Behörden abgefangen wurden oder erst nach Wochen ankamen. Der junge Kurde ist im Vorfeld des Massenprozesses in Düsseldorf daran interessiert, mehr über den Umgang der BRD-Justiz mit antagonistischen Linken zu erfahren. Dafür konnte Eckes viele Beispiele liefern. Das macht die Lektüre heute noch lohnend. Am Rande kommen die weltpolitischen Umbrüche jener Monate zur Sprache. Über den letzten großen Hungerstreik der RAF-Gefangenen, an dem Eckes teilnahm, erfährt man nur wenig. Politische Differenzen, die an einigen Stellen anklingen, wollten beide nicht unter Knastbedingungen verhandeln. Doch in Freiheit konnten sie sich nie begegnen. Eckes starb 2012 an Leukämie, Çelebi bereits 1992 als Guerillero in Kurdistan. Ein Kapitel, das den Briefkontakt historisch einordnet, wäre wünschenswert gewesen.
Gisela Dutzi (Hg.): Briefwechsel Christa Eckes und Hüseyin Çelebi, April 1988 – Dezember 1989. Edition Cimarron, Brüssel 2021. 202 Seiten, 12 EUR.