Von Familienrap zu Anti-Christ
Lil Nas X lässt Homofeinde weltweit ausrasten – es macht Spaß zuzugucken
Von Bilke Schnibbe
Queerer Aktivismus kann so einfach sein. So scheint es zumindest, wenn man die Debatte über das neue Musikvideo des schwulen Rappers Lil Nas X verfolgt. Der bringt mit seinem Song »MONTERO (Call Me By Your Name)« queerfeindliche Konservative und den Konzern Nike auf die Palme und queere Kids auf der Video-App TikTok zum Tanzen.
2019 war Lil Nas X noch der freundliche »Country-Rapper«, als er den sehr erfolgreichen Song »Old Town Road«, erst alleine, dann gemeinsam mit Country-Legende Billy Ray Cyrus veröffentlichte. Kurze Zeit später outete er sich: Eigentlich habe er sich als Jugendlicher geschworen, seine sexuelle Orientierung zu verheimlichen, schrieb er auf Twitter. Er habe seine Meinung geändert, um für die queere Community einzustehen.
Das tut er jetzt und rutscht im Video zu seinem neuen Song sexy posierend im knappen Outfit an einer Tabledance-Stange in die Hölle, um dort dem Teufel einen Lapdance zu geben. Pikant, könnte man meinen. Tatsächlich sind solche Szenen in heterosexueller Konstellation dem Wald-und-Wiesen-Konservativen wohl keinen Aufreger mehr wert. Damit wirklich alle an die Decke gehen, gab Lil Nas X noch 666 Paare modifizierte Nike-Turnschuhe mit heraus, in denen ein Tropfen menschliches Blut enthalten sein soll. Die Klage des Konzerns folgte prompt.
Es ist nicht zu übersehen, wie der 22-Jährige mit Anlauf ins Wespennest konservativer Befindlichkeiten grätscht. Over-Knee-Lackstiefel, angedeuteter schwuler Sex mit dem Teufel und Satans-Turnschuhe? Es ist fast zu einfach, denkt man sich, während man Lil Nas X dafür bewundert, wie er in einem Video eine Entschuldigung für die Teufelsschuhe ankündigt, um dann noch einmal die Lapdance-Szenen einzublenden. Der Pakt mit dem Teufel hat sich gelohnt: Die Homofeinde beißen an, und die Queers feiern im Internet.